Das alljährliche Gedenken in Bleiburg-Pliberk - FAQ

Was passiert jedes Jahr im Mai am Loibacher Feld/Libuško polje bei Bleiburg/Pliberk in Kärnten/Koroška?

Jedes Jahr im Mai treffen sich dort tausende (2017 15 000, 2015 sogar 30 000) Menschen, um den angeblichen Opfern des „Massakers von Bleiburg“ zu gedenken, also: Ustaša und deren Sympathisant_innen, Wehrmachts- und SS-Angehörigen, Domobranen, Četniks, etc. Der Mythos besagt, dass es auf diesem Feld zu einem Massaker an diesen gekommen sei. Bei den sich versammelnden Leute handelt es sich um eine Mischung aus (Neo-)Nazis, Faschist_innen, kroatischen Politiker_innen, Konservativen, kirchlichen Vertretern, etc. – ihr Grundkonsens ist der Geschichtsrevisionismus. Es gibt eine Prozession, sowie einen Gottesdienst am Gedenkstein am Loibacher Feld/Liibuško polje, Bierzelte, Verkaufsstände, usw. Unter der Untätigkeit bis wohlwollenden Beobachtung und Unterstützung der österreichischen Behörden wird hier dem faschistischen „Unabhängigen Staat Kroatien“ („Nezavisna Država Hrvatska“, NDH – ein von 1941 – 45 bestehender NS-Vasallenstaat) und den Ustaša gedacht. Gleichzeitig werden auch kroatische Veteranen der Jugoslawienkriege gefeiert.

Was ist damals passiert?

Im Mai 1945, kurz vor der bedingungslosen Kapitulation des Dritten Reiches, begannen Ustaša + Sympathisant_innen, Wehrmachts- und SS-Angehörige, Domobranen, Četniks, etc. – in vollem Bewusstsein ihrer Verbrechen - vor der vorrückenden jugoslawischen Befreiungsarmee zu flüchten, um nicht in deren Kriegsgefangenschaft zu geraten, da sie aufgrund ihrer Verbrechen mit Racheaktionen rechneten. Ihr Plan war es, in britisch-befreites Gebiet zu gelangen und sich dort zu ergeben. Die Kapitulation wurde jedoch nicht akzeptiert, sie wurden am Loibacher Feld/Libuško polje entwaffnet und den Partisan_innen übergeben. Die Gefangenen wurden nach Jugoslawien gebracht, auf dem Weg dorthin beziehungsweise auf jugoslawischem Gebiet wurden zehntausende getötet, ein Teil wurde vor Gericht gestellt.

Was ist der Mythos?

Dem Mythos nach soll es am Loibacher Feld/Libuško polje zu einem Massaker durch die Partisan_innen gekommen sein. Gleichzeitig wird behauptet, die britische Armee hätte durch ihre Nicht-Annahme der Kapitulation dieses Massaker mitverschuldet. Allerdings gab es nie ein Massaker in Bleiburg/Pliberk (siehe oben). Es wurden immer wieder angebliche Massengräber in der Nähe von Bleiburg/Pliberk gesucht, diese zu finden gestaltet sich allerdings schwierig, eben weil sie nicht existieren.

Wem genau wird dort gedacht?

Mit dem Gedenken und der offenen Huldigung des „Unabhängigen Staates Kroatiens“ und der Ustaša wird einer faschistischen Bewegung gedacht, welche ideologisch maßgeblich vom Nationalsozialismus beeinflusst wurde. Eine Besonderheit des NDH ist sein ohne deutsche Hilfe betriebenes KZ-System, mit dem größten Todeslager Jasenovac. Diese Tatsache eines unter komplett eigener Führung stehenden KZ-Systems ist einzigartig. Wer den NDH hochleben lässt, lässt dessen eliminatorischen Antisemitismus, Antiziganismus und seinen antiserbischen Rassismus hochleben.

Geschichte des Treffens in Bleiburg/Pliberk

Funktion und Rolle der Feier in Bleiburg/Pliberk sind (zumindest seit den 2000ern) starken Veränderungen unterworfen. Dies trifft im Besonderen auch auf die Größe der jährlichen Feier zu. Vor dem Zusammenbruch Jugoslawiens wurde die Feier vor allem von Exil-Kroat_innen aus Europa und Nordamerika besucht. Bleiburg/Pliberk gilt seither als Ort der "größten kroatischen Tragödie". Während das Treffen bis in die 1990er mit einigen hundert Teilnehmer_innen überschaubar blieb, ist es danach auf einige zehntausend Teilnehmer_innen angewachsen. Die Bleiburg-Feier spielt auch in der kroatischen Innenpolitik eine große Rolle, wird seit Jahren im Fernsehen übertragen und dominiert im Mai für Wochen die Berichterstattung. Sie wurde für die kroatische Nationsbildung ein zentraler Bezugspunkt. Je nach Regierungszusammensetzung hält das kroatische Parlament die Schirmherrschaft über das Treffen.

Seit den Jugoslawienkriegen sind neben der Zurschaustellung von Symbolen der Ustaša/NDH auch Glorifizierungen von einzelnen Kriegsverbrechern oder militärischen Verbänden aus dem Jugoslawienkrieg und das Zeigen von deren Symbolen und Fahnen Bestandteil der Feiern.

Wer organisiert dieses Treffen?

Veranstalterin der jährlichen Feier ist der „Bleiburger Ehrenzug“. Beim „Bleiburger Ehrenzug“ handelt es sich um einen in Österreich gemeldeten Verein, der von exilkroatischen Emigranten gegründet wurde. Hauptbetätigungsfeld ist die Organisation des Gedenkens und damit die Verbreitung von Geschichtsrevisionismus und NDH-Verherrlichung. Der „Bleiburger Ehrenzug“ verwendet in seinem Logo nicht das Schachbrettmuster der Republik Kroatien, sondern verwendet das Schachbrettmuster des NDH-Staates. Dasselbe Logo wurde von der kroatischen Waffen-SS-Einheit als Ärmelabzeichen verwendet. Dieses Logo findet sich auch am Gedenkstein am Loibacher Feld/Libuško polje.

Wie ist der Ablauf der Feier?

Die jährliche Feier beginnt auf einem Friedhof in Loibach/Libuče bei Bleiburg/Pliberk mit einer „Gedenkfeier“. Der allergrößte Teil der Besucher_innen findet sich aber direkt beim Denkmal ein, das etwa zwei Kilometer außerhalb von Bleiburg/Pliberk liegt. Die Teilnehmer_innen vom Friedhof marschieren dann auf der Straße zum Denkmal. Die öffentlichen Straßen sind dafür stundenlang gesperrt. Bei diesem Marsch werden auch Fahnen und Transparente mitgeführt. Beim Denkmal beginnt die eigentliche Feier mit einer katholische Messe und zahlreiche Reden von kroatischen Politiker_innen. Den Höhepunkt der Feier stellen die Kranzniederlegungen beim Denkmal dar.

Was befindet sich alles vor Ort?

1976 wurde der erste Gedenkstein in Bleiburg/Pliberk errichtet, 1985 folgte eine Umgestaltung. Der Stein steht mitten am Loibacher Feld/Libuško polje. Das Grundstück ist im Besitz des Obmanns des Bleiburger Ehrenzuges, Ilija Abramovič. Der Verein bzw. seine Funktionäre kauften zunehmend weitere Grundstücke an. Vor einigen Jahren wurde auch eine überdachte Bühne errichtet.
Mittelpunkt der immer weiter wachsenden Gedenkstätte sind einige Bäume. Diese wurden lange nach 1945 angepflanzt, um der Erinnerung einen konkreten Ort zu geben. Dabei wird dem Motiv eines gemalten Bildes gefolgt, welches den „Mythos Bleiburg“ hochstilisiert und unter Exil-Kroat_innen sehr bekannt ist. Dieses Bild selbst stellt in keiner Weise die damaligen Vorkommnisse dar, sondern die geschichtsrevisionistische Erinnerung an das an diesem Ort nie stattgefundene Massaker.
Die Gedenkstätte selbst soll weiter ausgebaut werden. Seit 2015 wird an einem Friedhof gebaut, der sich hinter dem Gedenkstein befindet. Die dazu ausgehobene Grube enthält derzeit noch keinen Inhalt, vermutlich sollen dort sterbliche Überreste begraben werden. Aus einer parlamentarischen Anfrage geht allerdings hervor, dass es keine Anträge dafür gibt. Es ist also weiterhin unklar, was dort genau passieren soll.