Neuigkeiten zur Ustaša-Feier 2020

    (30.04.2020) Einleitend haben wir eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Gute: die für 16.5.2020 geplante Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk findet nicht statt. Die Schlechte: Die Absage geschah nicht aus inhaltlichen sondern aus gesundheitspolitischen Gründen. Wir wollen in einem ausführlichen Update-Artikel zusammenfassen, was sich in den letzten Wochen so getan hat.

    Update am 15.5.2020: es ist weiterhin unklar, wie die Gedenkfeier am 16.5. aussehen wird, was sich in den letzten Tagen in dieser Hinsicht getan hat, wurde am Ende des Artikels ergänzt.

    Der kroatische Präsident Zoran Milanović gibt ein Interview - und hält sich überhaupt nicht an den Sicherheitsabstand!

    Kroatische Innenpolitik und Bleiburg

    Wie bereits in unserem letzten Update berichtet (siehe unseren Artikel „Bleiburg 2020: es bleibt spannend“), wurde in Kroatien im Jänner eine neuer Präsident gewählt. Die Wahl zwischen einer rechten Amtsinhaberin, einem noch rechteren Herausforderer und einem nach rechts blinkenden Sozialdemokraten vermochte letzterer für sich zu entscheiden. Zoran Milanović, seit Mitte Februar 2020 im Amt, kündigte gleich in seinem ersten großen Interview[1] an, nicht nach Bleiburg/Pliberk fahren und nicht an der Feier teilnehmen zu wollen.[2] Das steht im Kontrast zu seiner Amtsvorgängerin, Kolinda Grabar-Kitarović, die in den letzten Jahren die Gedenkstätte in Bleiburg/Pliberk besuchte, wenngleich sie auch selbst nicht an der Feier teilnahm sondern sich vertreten ließ.

    Neuer Bischof, gleiches Debakel

    Die katholische Kirche Kärntens bekam Anfang des Jahres einen neuen Bischof, Josef Marketz. Warum ist das wichtig? Weil die Kärntner Kirche eine gewichtiges Wörtchen mitredet, welche Form die Ustaša-Feier hat.

    Recap in Sachen Kärntner Bischof: Bis 2018 war Alois Schwarz Bischof, er gewährte der Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk alljährlich den Status einer „kirchlichen Feier“. In der Zeit bis ein neuer Bischof gefunden wurde agierte Engelbert Guggenberger als Diözesanadministrator und entzog im April 2019 diesen Status, wodurch diese erstmals als „politische Kundgebung“ angemeldet und durchgeführt werden musste (siehe dazu unseren Artikel "Nachbetrachtung zum Ustaša-Treffen am 18. Mai 2019").

    Josef Marketz wurde als weltoffen und liberal beschrieben, war über Jahre Direktor der Kärntner Caritas, und dass ein Kärntner-Slowene Bischof der Kärntner Diözese wurde war ebenso Anlass zur Freude vieler. Es schien relativ klar, dass er „Spur hält“ und die Ustaša-Feier weiterhin ohne kirchlichen Sanktus stattfinden wird müssen.

    Diese Erwartungshaltung wurde aber jäh zerschlagen: Anstatt eine klare Ansage zu machen, verschob Bischof Marketz im Februar 2020 die Entscheidung auf andere Gremien: Er möchte darüber mit seinen Kollegen in der Österreichischen Bischofskonferenz während deren Frühjahrstagung beraten, außerdem warte er noch die finale Entscheidung der kroatischen Bischofskonferenz ab. [3] Obwohl es in die alleinige Zuständigkeit des örtlichen Bischofs fällt, über diesen Status zu entscheiden, verschob Marketz die Entscheidung auf später und in unzuständige Gremien.

    Marketz' Taktik war wohl darauf zu bauen, dass eine Mehrheit in der Bischofskonferenz ihm die Entscheidung abnimmt. Schlussendlich nahm ihm das Corona-Virus die Entscheidung ab: Seit März 2020 sind alle Gottesdienste in Österreich verboten, das gleiche gilt für Veranstaltungen und Versammlungen.

    Bleiburger Dialogtage

    Die Stadt Bleiburg/Pliberk hat beim 10.-Oktober-Feier-Sondertopf des Landes („CarinthiJA-2020“) Geld abgestaubt. Das Projekt nennt sich „Bleiburger Dialogtage“, wobei „die Dialogtage sich als ein Format der Begegnung, des Dialoges aller Beteiligten und Betroffenen [verstehen]“, als Hauptziel wird „das Überwinden eines „Opfer-Täter-Denkens“ definiert.[4] Den Grund dafür macht die Stadt darin fest, dass sich „die Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern und Gegnern dieser Veranstaltung sich in den vergangenen Jahren zunehmend verschärft [haben] und ein sachlicher Diskurs zurzeit kaum mehr möglich [erscheint]“. Stattfinden sollte diese Veranstaltung vom 07.-09. Mai 2020, wobei eher anzunehmen ist, dass auch diese Veranstaltung corona-bedingt abgesagt werden muss. Nicht nur aus der Projektbeschreibung lässt sich ersehen, dass es hier eher darum geht, für Ruhe zu sorgen anstatt die Probleme offen anzusprechen. Auch aus der Abschrift des Auttakt-Workshops im Herbst 2019 lässt sich herauslesen worum es geht: Bleiburg als weltoffene Stadt, „wertfreie Haltung zu historischen Gegebenheiten“ und „keinen Anlass für Gegendemonstrationen bieten“.[5] Die Tatsache, dass der Bleiburger Bürgermeister Stefan Visotschnig (SPÖ) quasi zur inhaltlichen Einstimmung und Vorabstimmung im November 2019 je einen Wortführer des kroatischen Ustaša-Revisionismus und Deutschkärntnertums getroffen hat, kann da schon gar nicht mehr überraschen. (Siehe unseren Artikel "'Informationsveranstaltungen' mit Ustaša-Fans in Bleiburg/Pliberk?")
    NR-Abg. Sabine Schatz (SPÖ) spricht sich klar gegen das Treffen aus (und verschwimmt etwas mit dem Hintergrund) (Quelle SPÖ FB hier)

    Gähnendes Schweigen in der Österreichische Innenpolitik

    Österreichische Parteien meldeten sich in den ersten Monaten des Jahres 2020 kaum zu Wort. Was durchaus erstaunlich ist in Hinblick darauf, dass zur Ustaša-Feier 2020 bis zu 40.000 Personen zu erwarten waren. Ausnahme war die SPÖ: Sabine Schatz, SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur, forderte am 22. Februar namens des SPÖ-Parlamentsklub mittels APA-Presseaussendung den ÖVP-Innenminister auf, die Feier zu unterbinden.[6] Von den anderen Parteien war seit Mitte 2019 im Grunde nichts zu hören. Das sollte sich erst durch Medienberichte ändern...

    Medienbericht als Stein des Anstoßes

    Während die Politik also recht schweigsam war, versuchten Medien die Lücke zu füllen. Den ersten Anlauf nahm die Tageszeitung Kurier: Am 21. März kam darin Elisabeth Holzer nach einer grundlegenden Recherche zum Schluss: „Erstmals seit 69 Jahren: Kein rechtsextremer Aufmarsch in Bleiburg.“ [7] Das war zum gegebenen Zeitpunkt sicherlich nicht in Stein gemeißelt, aber durchaus eine relevante Feststellung und der richtige Schluss in Hinblick auf die Corona-bedingten Absagen sämtlicher Großveranstaltungen. Auch inhaltlich geht der Artikel auf viele Probleme rund um das Ustaša-Treffen ein[8] - das Problem nur: Niemand hat darauf reagiert: Nicht die Politik, nicht die Verwaltung oder Polizei, nicht die Veranstalter.
    Runde zwei machte dann der ORF Kärnten, probierte es mit der genau gegenteiligen Meldung: „Kroatentreffen auf dem Loibacher Feld noch offen“ vermeldete man dort am 16. April 2020.[9] Der Artikel basiert offenbar auf Auskünfte der Kärntner Landesregierung oder der Kärntner Polizei, wobei diese Auskünfte aber rechtlich durchaus zweifelhaft sind: So etwa die Aussage, demnach „die Veranstalter bis 48 Stunden vor dem angemeldeten Termin Zeit (haben), das Treffen zu fixieren. Das wurde bisher nicht gemacht, auch wenn die Veranstaltung im Februar angemeldet wurde.“ Die offenbar im Februar bei der Behörde angezeigte Versammlung (auch wenn das Land hier von „Veranstalter“ und „Anmeldung“ spricht) muss keineswegs noch einmal „fixiert“ werden: Sie findet statt, außer sie wird behördlich untersagt oder vom Anmelder abgesagt. Die 48 Stunden bezieht sich auf die Frist, bis wann eine Kundgebung angemeldet sein muss, und nicht auf eine Frist für Absage oder „Fixierung“. Das eigentliche Mysterium bleibt aber, warum die Kärntner Politik, Verwaltung und Polizei es vermochte, alle in Kärnten geplanten Veranstaltungen/Versammlungen de facto zu unterbinden – GTI-Treffen, Bleiburger Wiesenmarkt, usw. – aber gerade bei der Ustaša-Feier glaubt keine Handhabe zu haben, weil diese ja schon im Februar angemeldet worden wäre.
    Der Artikel, nur mehr ein Monat vor der geplanten Ustaša-Feier, löste endlich entsprechende Reaktionen aus: Der Grüne Parlamentsklub, vertreten durch Olga Voglauer, äußerte sich am 17. April zu Bleiburg/Pliberk, beließ es aber nicht bei einer Forderung, sondern setzte gleich auf Verlautbarungen: "Im Jahr 2020 wird das Faschisten-Treffen aufgrund von Corona jedenfalls nicht stattfinden können. Aber auch für die Zukunft gilt, dass diese Veranstaltung nicht mehr stattfinden darf.“[10] Das ist durchaus eine weitreichende Ansage und man muss gespannt sein, wie das 2021 umgesetzt werden wird.
    Landesrat Sebastian Schuschnig (ÖVP) in einer Fotomontage vom Kärntner Medienportal "5min.at" - nachdem sie dort ein Foto verwenden, was sie von uns gefladert haben, erlauben wir uns wiederum ihre Montage zu fladern. Original hier.
    Es folgte der ÖVP-Landesrat Sebastian Schuschnig, der im upgedateten ORF-Artikel mit ähnlich erstaunlichen Festlegungen aufwartet: „Dem Treffen am Loibacher-Feld sei heuer ‚jedenfalls weiter ein Riegel vorzuschieben‘. Er sei diesbezüglich bereits mit dem Innenminister in Kontakt, um diesem fragwürdigen Treffen heuer und hoffentlich ein für alle Mal den Garaus zu machen‘, sagte Schuschnig. Das Treffen sei generell abzulehnen, die Abhaltung heuer wäre durch Covid-19 auch gesundheitspolitisch ein ‚unverantwortliches Himmelfahrtskommando‘. Es müsse klar und lückenlos geregelt sein, dass, auch wenn einzelne Beschränkungen bis dahin nicht mehr gelten, das Treffen nicht stattfinden kann, forderte Schuschnig.“[11] Das ist eine bemerkenswert scharfe Formulierung für die ÖVP, die bisher eher durch Verharmlosung und Kalmierung in Hinblick auf die Feier aufgefallen ist.

    Unklare Auswirkungen

    Ein ÖVP-Landesrat und eine Grüne Parlamentsabgeordnete sind also die einzigen WortspenderInnen aus dem schwarz-grünen Regierungseck die etwas zu Bleiburg/Pliberk zu sagen haben bzw. hatten. Offen bleibt, ob das die neue schwarz-grüne Linie ist und diese auch 2021 durchgezogen wird – oder aber ob man hier zwei Personen aus der dritten Reihe vorgeschickt hat und man zur Not im Jahr 2021 wieder zurückrudert? Waren deren Stellungnahmen ein Versehen und der ÖVP-Block ist eigentlich weiterhin Pro-Kroatien-trotz-Bleiburg? Wir werden sehen.
    Landeshauptmann Kaiser ist "froh", wir auch.

    Landeshauptmann mit widersprüchlichen Ansagen

    Schlussendlich meldete sich dann auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zu Wort: er sei über die Absage „erfreut“, von der Bundesregierung will er ein generelles Verbot. Alle weiteren Aussagen in der Aussendung sind eher verwirrend und widersprüchlich. Obwohl die Landesregierung am 16.4. vom ORF Kärnten noch damit zitiert wird, dass man von einer Abhaltung der Feier ausgeht, lässt man 4 Tage später folgendes verlautbaren: „Wie zu erwarten, wird damit dieses Treffen, das Kärnten und Österreich Jahr für Jahr viele negative Schlagzeilen eingebracht hat, nicht stattfinden.“[12] Auch von der Aussage, „Kärnten [habe] insbesondere in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um sich glaubhaft und nachhaltig von jedwedem extremen Gedankengut zu distanzieren“ sehen wir bekanntlich anders. (Siehe unseren Artikel "Der Unwille der Behörden in Bleiburg")

    Erzwungene Absage durch Veranstalter

    Der Generalsekretär des Veranstalter-Vereins „Bleiburger Ehrenzug“, Thomas Baumgärtner, stellte am 20. April 2020 (sic!) eilig ein Posting online.[13] Auf Deutsch ist zu lesen, dass man die Veranstaltung absagt weil „die Situation von uns allen Verantwortung fordert, nicht nur für uns selbst sondern auch für die Mitbürger, zu übernehmen.“ Auf Kroatisch ist da zusätzlich die Info zu lesen, dass man sich gezwungen sieht, die Veranstaltung in Hinblick auf das Verbot von Großveranstaltungen in Österreich und die Reisebeschränkungen in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Slowenien abzusagen; Und – diese Info fehlt in der Stellungnahme auf Deutsch komplett -, dass man alsbald ein Ersatzprogramm verlautbaren wird.
    Am Mirogoj-Friedhof in Zagreb befindet sich ein großes Bleiburg-Denkmal, das heuer als Teil des Ersatzprogramms am 16.5.2020 im Zentrum stehen wird. (Quelle: Wikipedia/Modzzak)

    Ersatzprogramm: Sarajavo, Zagreb und Bleiburg/Pliberk

    Am 24. April wurde dann das Ersatzprogramm vorgestellt: Es wird Veranstaltungen in Sarajavo, Zagreb und Bleiburg/Pliberk geben. Geeinigt hat sich darauf die Kroatische Bischofskonferenz, das kroatische Parlament und der Bleiburger Ehrenzug. In Sarajevo wird es eine Messe in der Kathedrale geben, in Zagreb wird es eine Kranzniederlegung beim Mirogoj-Friedhof geben. In Bleiburg/Pliberk selbst wird eine kleine Gedenkfeier stattfinden, bestehend aus einem Gebet und Kranzniederlegung beim Gedenkstein. Daran werden jedenfalls ein örtlicher Priester und der kroatische Botschafter in Österreich, Daniel Glunčić, teilnehmen und einen vom kroatischen Parlamentspräsidenten gespendenen Kranz niederlegen.

    Posting des Bleiburger Ehrenzug vom 24.4.2020 auf deren Facebook-Account
    Das vom Bleiburger Ehrenzug veröffentlichte Ersatzprogramm für den 16.5.2020 (veröffentlicht am 4.5.2020)

    Im Detail ist in der Stellungnahme zu "Gedenkveranstaltungen für die Opfer Bleiburgs in Bleiburg, Zagreb und Sarajevo" unter anderem folgendes zu lesen:

    "Der Opfer der Bleiburger Tragödie und des Kroatischen Kreuzwegs wird am Samstag, den 16. Mai in Bleiburg, Zagreb und Sarajevo gedacht, wegen des Koronavirus wird die zentrale Gedenkveranstaltung in Bleiburg dieses Jahr jedoch nicht stattfinden. Dies bestätigte am 24. April der Vorsitzende des Kroatischen Parlaments (Sabor), Gordan Jadrokovic, wie HINA berichtete.
    Es wird keine politischen Reden geben, gedacht wird der Opfer, der Menschen, die vonseiten des jugoslawischen kommunistischen Regimes ohne Gerichtsurteil brutal ermordet und gefoltert wurden, sagte Jandrokovic nach einem Treffen mit den Organisatoren der Gedenkveranstaltung, den Repräsentanten des Bleiburger Ehrenzugs sowie der Leitung der Seelsorge für Kroaten im Ausland.
    Das Programm hätte, erklärte er, mit der Kranzniederlegung in Bleiburg und einem Gebet des dortigen Geistlichen unter der Anwesenheit des Botschafters in Österreich, Danijel Glunicic, der den Staat repräsentiert hätte, angefangen.
    Auf dem Mirogoj-Friedhof in Zagreb wird es ein Gebet und eine Kranzniederlegung geben, während die Messe in der Kathedrale von Sarajevo der Erzbischof von Vrhbosna, Vinko Puljic, abhalten wird, der eigentlich die Messe in Bleiburg hätte abhalten sollen, aber, da sie dort nicht stattfinden kann, sie in der Kathedrale in Sarajevo abhalten wird."

    Stellt sich die Frage, wen der Bleiburger Ehrenzug für die Rolle des "dortigen Geistlichen" gewinnen konnte. Den Pfarrer von Völkermarkt/Velikovec, von Bleiburg/Pliberk oder von Unterloibach/Spodnje Libuče? Oder lässt man einen kroatisch-sprechenden Würdenträger aus Salzburg oder Wien beibringen? Wir sind gespannt.

    In den sozialen Medien kam die ursprüngliche Absage nicht gut an: Auf Facebook beschwerten sich KommentatorInnen, warum so vorauseilend die Feier abgesagt wird, wo doch überall die Beschränkungen aufgehoben werden und absehbar ist, dass selbst eine Anreise im Mai möglich sein wird. Auch wurde darauf hingewiesen, dass der Grund ja dem Ehrenzug gehört und dort auch keine Auflagen gelten würden.

    Auswertung Anfragen:

    Sabine Schatz (SPÖ) brachte Mitte Februar vier Parlamentarische Anfragen ein: je einmal an Innenminister, Justizministerin[14], Außenminister und Klimaschutzsministerin[15]. Die Anfragen sind über weite Strecken Copy-Paste aus dem Jahr 2018, dementsprechend begrenzt ist der Erkenntnisgewinn der Antworten.
    Interessant an der BMI-Antwort ist, dass der „Bleiburger Ehrenzug“ die BH Völkermarkt am 6.2.2020 „in Kenntnis gesetzt“ hat, dass am 16.5.2020 die Gedenkfeier geplant sei. Erstaunlich ist, dass das BMI nicht beantworten will, ob es sich um eine Versammlung oder Veranstaltung handelt. Nicht nur die BH Völkermarkt lässt sich also bis zum letzten Moment offen, wie es die „Veranstaltung“ klassifiziert – Versammlung, Veranstaltung oder kirchliche Feier – sondern auch der aktuelle Innenminister spielt dieses zweifelhafte Spielchen mit.[16]
    Wirklich etwas Neues ist der Anfragebeantwortung aus dem Justizministerium nicht zu entnehmen: Demnach hätte es während Ustaša-Feier 2019 nur einen Hitlergruß gegeben und der der ihn ausführte, sei am 1. August 2019 verurteilt worden.[17] Darüber hat im August bereits die APA berichtet.[18] Einziger Widerspruch: Im August war der Verurteilte 48 Jahre alt, in der Anfragebeantwortung ist er 38 Jahre alt. In der Beantwortung des Außenministers ist nur interessant, dass der neue kroatische Botschafter in Österreich, Daniel Glunčić, bei seinem Antrittsbesuch im Ministerium auf Bleiburg angesprochen wurde.[19] Aus der Beantwortung aus dem Mobilitätsministerium ist wirklich nichts interessant.[20]

    Info-Veranstaltungen und Demonstrationen

    Der AK Bleiburg/Pliberk hatte für das Frühjahr 2020 einige Info-Veranstaltungen und Broschüren-Präsentationen geplant[21], Corona-bedingt konnten wir nur einen Teil davon auch wirklich machen. Wir hoffen, dass wir die Veranstaltungen zur gegebenen Zeit nachholen können. Für den 16.5.2020 sind, soweit wir wissen, zwei Kundgebungen angemeldet. Eine Kundgebung hat Kärnten Andas behördlich angezeigt; Eine zweite Kundgebung hat European Union of Jewish Students (EUJS) zusammen mit der Jüdischen österreichischen HochschülerInnenschaft (JÖH) und dem Klub slovenskih študentk in študentov na Dunaju / Klub slowenischer StudentInnen in Wien (KSŠŠD) angemeldet. Derzeit ist unklar, ob diese abgesagt oder stattfinden werden.

    Resümee

    Es ergibt sich für das Jahr 2020 eine ähnliches Bild zu 2019: Lang tut sich nichts, alle Ebenen zieren sich eine Entscheidung zu treffen – und im März ist plötzlich doch alles anders. 2019 war es Guggenberger, der mit dem Bischofsmessen-Verbot die Spielregeln für die Feier 2019 grundlegend änderte, 2020 war es der Virus.

    Medientechnisch lassen sich zwei Deutungsstränge zum Treffen ausmachen: Während manche Medien, wie etwa der Kurier, sehr kritisch mit der Feier umgehen („Faschistenfeier“), sind manche sehr auf Kalmierung bedacht und stellen ins Zentrum, dass es 2019 ja „nur“ einen Hitlergruß während der Feier gab.

    Ustaša-Feier 2020?

    Es ist fix, dass es am 16. Mai 2020 keine große Feier gibt. Wieviel Personen sich „spontan“ dem angekündigten Priester und Botschafter anschließen werden, ist nicht absehbar.

    Es wäre durchaus denkbar, dass sich vereinzelt Vereine, Verbände und kroatische Parteien, am 16.5. oder in den Tagen davor oder danach beim Gedenkstein in Bleiburg/Pliberk am Loibacher Feld/libuško polje auftauchen um Kränze abzulegen und Fotos für Facebook zu machen. Erste Meldungen auf Facebook und Twitter deuten darauf hin.

    Anfragebeantwortung der Landespolizeidirektion Kärnten vom 13.5.2020 [22]. Obwohl beriets seit zwei Wochen ein Programm vorliegt, sieht die LPD keine Veranstaltung.

    Update (15.5.2020, 12:00)

    Als Folge des Corona-Virus sah es lange so aus, als könne das Ustaša-Treffen heuer in Österreich nicht stattfinden und es wurden Ersatzveranstaltungen in Zagreb und Sarajevo organisiert. Sowohl in Zagreb als auch in Sarajevo kam Kritik am Gedenken für Angehörige der Ustaša auf. So will beispielsweise der kroatische Präsident Milanović nicht an den Gedenkfeiern am Mirogoj-Friedhof teilnehmen. Auch die Messe in Sarajevo trifft auf erheblichen Widerstand. In Bosnien sprach sich nicht nur das Staatspräsidium in seltener Einigkeit gegen die Gedenkfeier aus, auch die Botschafter Israels und der USA äußerten sich kritisch zu einer Gedenkfeier in einer Stadt, wo große Teile der jüdischen Bevölkerung während des NDH ermordet wurden.

    In Kärnten/Koroška suchten trotz Kritik auf politischer Ebene die Behörden wie in den letzten Jahren wieder nach Möglichkeiten, das Ustaša-Gedenken in Bleiburg/Pliberk zu ermöglichen: Zuerst wurde versucht, durch die Teilnahme des kroatischen Botschafters, das Treffen aus dem österr. Rechtsrahmen zu befördern. In letzter Minute (48h vor Beginn) wurde doch eine Versammlung angemeldet, nur um diese Anmeldung gestern Abend wieder zurück zu nehmen. Es findet also in Bleiburg/Pliberk doch nur eine "Botschafter-Feier" statt.[22]

    Sowohl in Sarajevo als auch in Bleiburg/Pliberk wurden Demonstration gegen das Ustaša-Gedenken angemeldet. Wie viele Personen nach Bleiburg kommen und ob der Bleiburger Ehrenzug eine Gedenkfeier abhält ist weiter unklar.

    Quellen

    [1] Das Interview – mit viel zu wenig Sicherheitsabstand! – auf Kroatisch hier: https://www.rtl.hr/vijesti-hr/novosti/hrvatska/3657167/anketa-slazete-li-se-sa-stavom-predsjednika-zorana-milanovica-otici-cu-u-jasenovac-a-u-bleiburg-necu/

    [2] https://kurier.at/chronik/oesterreich/kroaten-treffen-der-neue-praesident-geht-auf-distanz/400772007, https://www.sn.at/politik/weltpolitik/kroatischer-praesident-milanovic-besucht-bleiburg-nicht-84365869

    [3] https://www.katholisch.at/aktuelles/128924/bleiburg-gedenken-bischof-marketz-in-kontakt-mit-kroatischer-kirche

    [4] https://www.bleiburg.gv.at/carinthija-2020/projekte/erinnerungskultur.html

    [5] https://www.bleiburg.gv.at/_Resources/Persistent/d772ca6644a9385d964ccb8ce2b8ee7dcfafdcf8/kick-off-ws-BleiburgerDialogtage2020-charts.pdf

    [6] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200222_OTS0020/spoe-schatz-fordert-absage-von-ustaa-treffen-in-bleiburg

    [7] https://kurier.at/chronik/oesterreich/erstmals-seit-69-jahren-kein-rechtsextremer-aufmarsch/400788152

    [8] Interessant ist auch, dass Holzer schreibt, dass „das Faschistentreffen (...) alljährlich rund um Christi Himmelfahrt“ stattfindet – was genauso falsch ist wie die Verknüpfung mit Muttertag.

    [9] https://kaernten.orf.at/stories/3044371/

    [10] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20200417_OTS0069/voglauer-ustascha-aufmarsch-in-bleiburg-findet-nicht-statt

    [11] https://kaernten.orf.at/stories/3044371/

    [12] https://www.5min.at/202004276708/lh-kaiser-ueber-kroatentreffen-absage-erfreut/

    [13] https://de-de.facebook.com/POBLV/

    [14] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_00992/index.shtml

    [15] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_00993/index.shtml

    [16] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_00921/imfname_791325.pdf, Frage 1.

    [17] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_01025/imfname_792246.pdf

    [18] https://www.derstandard.at/story/2000106930124/48-jaehriger-nach-hitlergruss-am-kaerntner-kroaten-treffen-verurteilt

    [19] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_00878/index.shtml

    [20] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_00993/index.shtml

    [21] https://www.no-ustasa.at/allgemein/3888/broschuerenpraesi/

    [22] Siehe dazu die Recherche der ORF-Journalistin Tanja Malle auf Twitter: https://twitter.com/scharlatanja/status/1260891893422075904?s=20