Bleiburg 2020: es bleibt spannend

    Besucher des Ustaša-Treffens 2019. Ob die Behörden den Aufmarsch wieder als Versammlung charakterisieren bleibt offen (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk 2019).

    Das Jahr 2020 bringt einige Änderungen für das Ustaša-Treffen in Bleiburg/Pliberk. Es gibt nicht nur einen neuen Bischof in Kärnten/Koroška sondern auch eine neue Regierung in Österreich. Gleichzeitig ist das Jahr 2020 ein mehrfaches Jubiläumsjahr, Kroatien hat den EU-Ratsvorsitz und es sind Parlamentswahlen in Kroatien.

    Österreich hat eine neue Bundesregierung. Rund 100 Tage nach den vorgezogenen Nationalratswahlen haben sich Volkspartei und Grüne auf ein Regierungsabkommen geeinigt. Auch wenn das Innenministerium wieder in schwarzer Hand ist und sich im Regierungsabkommen streckenweise rassistische und autoritäre Sicherheitsgelüste finden, gibt die grüne Regierungsbeteiligung auch Grund zur Hoffnung – zumindest im Bezug auf Bleiburg. Die Grünen waren unter den Ersten, die auf das faschistische Treiben in Bleiburg/Pliberk hingewiesen haben [1]. Außerdem findet sich im Regierungsprogramm an mehreren Stellen das Bekenntnis zur Bekämpfung des Antisemitismus und Rechtsextremismus. Nimmt man dieses Bekenntnis ernst, so ist das Ustaša-Gedenken in Bleiburg/Pliberk zu untersagen. Auch die vorgesehenen Nachschärfungen im Verbotsgesetz und die Evaluierung des Abzeichengesetzes könnten eine Verfolgung von Straftaten am Loibacher Feld/Libuško polje erleichtern.

    Auch an der Spitze der katholischen Kirche in Kärnten/Koroška gibt es Veränderungen. Nach 17 Monaten Sedisvakanz wurde Josef Marketz zum Bischof der Diözese Gurk/Krška škofija ernannt. Hier bleibt zu hoffen, dass der neue Bischof, der als Kärntner Slowene mit den Geschehnissen am Loibacher Feld/Libuško polje vertraut sein dürfte, der Entscheidung des Diözesanadministrators Engelbert Guggenberger folgt, der letztes Jahr eine Bischofsmesse verboten hatte (Link).

    Der kroatische Vize-Premier Tomislav Karamarko (HDZ) besuchte etwa 2016 die Gedenkfeier und wurde von anderen Teilnehmer_innen begeistert begrüßt, ein Verhalten, das die Bedeutung Bleiburgs als innenpolitische Wahlkampfbühne unterstreicht (Quelle: AK Bleiburg/ Pliberk, 2016).

    Kroatische Innen- und Außenpolitik

    Das Jahr 2020 begann in Kroatien mit der Stichwahl zwischen der konservativen Amtsinhaberin Kolinda Grabar-Kitarović und dem sozialdemokratischen Herausforderer Zoran Milanović. Wie auch bei der Wahl 2014 waren Stimmen der extremen Rechten und auch jene der Diaspora ausschlaggebend. So verwundert auch die Verhamlosung der Ustaša im Wahlkampf wenig: So bezeichnete Grabar-Kitarović den Ustaša-Gruß „Za dom spremni“ als „alten kroatischen Gruß“ oder lobte den Kampf der kroatischen Diaspora in Argentinien „für die Freiheit Kroatiens“, wie der Journalist Danijel Majić in einem lesenswerten Beitrag zusammengefasst hat [2]. Bei den Stimmen von rechts-außen stand Grabar-Kitarović in Konkurenz zum Rechtsaußenkandidaten Miroslav Škoro. Škoro, ein Schlagersänger, tritt gerne mit dem neofaschistischen Musiker Thompson auf und erhielt im Wahlkampf Unterstützung vom Ustaša-Apologeten und ehemaligen Kulturminister sowie Vorstandsmitglieds des „Bleiburger Ehrenzugs“ Zlatko Hasanbegović. Im Wahlkampf kündigte Škoro an, im Fall eines Sieges Jasenovac „umgraben zu lassen“ [3]. Hinter dieser Aussage steckt die Leugnung von Jasenovac als Todeslager unter der extremen Rechten in Kroatien.

    In der ersten Runde rettete sich die konservative Kandidatin Kolinda Grabar-Kitarović nur knapp in die Stichwahl gegen Zoran Milanović von der sozialdemokratischen SDP. Am 5. Jänner setzte sich in der zweiten Runde Ex-Premier Milanović durch. Auch wenn Milanović' Position zur kroatischen Geschichte ambivalent ist - in Interviews sprach er auch schon von seinem Großvater, der bei den Ustaša war [4] – weckt der sozialdemokratische Wahlsieg doch Hoffnung, dass es zu einer Distanzierung der kroatischen Politik vom Ustaša-Treffen in Bleiburg/Pliberk kommt. Es war 2012 eine sozialdemokratische Parlamentsmehrheit, die die Schirmherrschaft des Parlaments über das Ustaša-Treffen in Bleiburg/Pliberk zeitweise beendet hatte, woraufhin die nun abgewählte Präsidentin Grabar-Kitarović als Schirmherrin einsprang. Auch 2020 wird das Treffen in Bleiburg/Pliberk zur Wahlkampfbühne werden: in Kroatien finden nämlich im Herbst Parlamentswahlen statt.

    Kroatien wählte im Jänner nicht nur einen neuen Staatspräsidenten, sondern übernahm mit 1. Jänner auch die EU-Ratspräsidentschaft. Dadurch könnte das Treffen in Bleiburg/Pliberk verstärkt in den Fokus der europäischen Politik geraten und der Druck auf Kroatien, faschistischen Umtrieben in Bleiburg/Pliberk die Unterstützung zu entziehen, steigen.

    Festnahme eines Veranstalungsbesuchers 2018. Auch 2019 gab es eine Verurteilung wegen Wiederbetätigung (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2018).

    Das Treffen 2019 und seine Folgen

    In den Tagen nach dem Ustaša-Treffen 2019 erschien in der kroatischen Wochenzeitung ein Artikel des Rechtsextremen Josip Stjepandić, in dem er kritische Journalistinnen und Journalisten an den Pranger stellte. In einer Reaktion sprach der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) von einer „öffentlichen Jagd auf unabhängig berichtende Journalisten“ [5]. Als Reaktion nahm das österreichische Außenministerium Kontakt mit der kroatischen Botschaft in Wien auf und ließ den Artikel hinsichtlich strafrechtlicher Vergehen prüfen – über das Ergebnis ist nichts bekannt [6].

    Seitdem das Treffen in Bleiburg/Pliberk unter genauerer Beobachtung der Behörden steht, kommt es auch vermehrt zu Anzeigen gegen Besucher der Veranstaltung. So auch 2019: neben mehreren Verwaltungsstrafen kam es auch zu einer Anzeige wegen Wiederbetätigung. Im August wurde der Beschuldigte schließlich wegen Wiederbetätigung zu einer unbedingten Haftstrafe von zwei Monaten verurteilt [7].

    Vertreter der Kärntner "Traditionsverbände" am Ustaša-Treffen 2018 (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2018).

    100 Jahre Volksabstimmung, 75 Jahre Bleiburg

    Am 10. Oktober 2020 jährt sich die Kärntner Volksabstimmung zum 100. Mal. Wer denkt, dass zu diesem Jubiläum eines demokratischen Plebiszits über die territoriale Zugehörigkeit Südkärntens gedacht wird, hat gefehlt. In alter Tradition wird die Abstimmung und der ihr vorausgegangene Grenzkonflikt zu einem Sieg des Deutschtums über die hiesige slowenischsprachige Bevölkerung stilisiert. Die deutschnationalen Kärntner Traditionsverbände (Link) laufen wieder zu Hochtouren auf. So möchte der Kärntner Heimatdienst (KHD) Hans Steinacher, einem Nationalsozialisten der ersten Stunde, ein Denkmal setzen [8].

    Zwischen den „Traditionsverbänden“ und dem Organisator des Treffens in Bleiburg/Pliberk, dem Bleiburger Ehrenzug, entwickelte sich in den letzten Jahren eine rege Zusammenarbeit. So besuchte der Vizevorsitzende des Heimatdienstes im November gemeinsam mit dem kroatischen Rechtsextremen Josip Stjepandić den Bleiburger Bürgermeister Stefan Visotschnig (SPÖ) – wir haben darüber berichtet (Link). Visotschnig lud nach Angaben von Stjepandić kroatische Rechtsextreme zu „Informationsveranstaltungen“ ein, distanzierte sich aber nach kritischen Medienanfragen wieder von dieser Aussage [9].  Eine Zusammenarbeit zwischen KHD und kroatischen Rechtsextremen ist nicht weiter verwunderlich, trat doch Franz Jordan bereits 2015 beim Ustaša-Treffen am Loibacher Feld/Libuško polje auf (Link).

    Im Jahr 2020 jähren sich die Ereignisse vom Loibacher Feld /Libuško polje zum 75. Mal. Betrachtet man die Geschichte des Treffens (Link) sind die (halb-)runden Jubiläen immer ein Anziehungspunkt für besonders viele Besucher gewesen – so rechnen die Veranstalter 2020 mit bis zu 30.000 Besuchern [10]. Wir hoffen allerdings, dass angesichts der sich geänderten Rahmenbedingungen das Treffen wieder im Fokus der kritischen Öffentlichkeit steht und auch Behörden und Kirche Schritte gegen den Auflauf in Bleiburg/Pliberk übernehmen.

    Quellen & Verweise

    [1] Anfrage der Abgeordneten Stoisits an Justizminister Caspar Einem vom 18.5.1995 (XIX. GP.-Nr. 1171/J), online unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XIX/J/J_01171/index.shtml

    [2] https://twitter.com/DanijelMajic/status/1208692676624887808

    [3] Aljazeera Balkans/Agencije: “Miroslav Škoro bi prekopao Jasenovac“, Aljazeera Balkans, 26.11.2019, online unter: http://balkans.aljazeera.net/vijesti/miroslav-skoro-bi-prekopao-jasenovac

    [4] Robert Bajruši: „Tko je Milanovićev djed ustaša kojeg je tek sada otkrio“, Jutarnji Vijesti, 14.8.2016, online unter:  https://www.jutarnji.hr/vijesti/hrvatska/tko-je-milanovicev-djed-ustasa-kojeg-je-tek-sada-otkrio/4612676/

    [5] Thomas Martinz: „Kritiker am Pranger – Reporter-Steckbriefe nach Bleiburger Kroatentreffen“, Kleine Zeitung, 4.6.2019, S. 18

    [6] Thomas Martinz: „Medienhetze rund um Kroatentreffen hat ein Nachspiel“, Kleine Zeitung, 8.9.2019, S. 30

    [7] Kleine Zeitung/APA: „Mann nach Nazigruß verurteilt“, Kleine Zeitung, 2.8.2019, S. 18

    [8] kaernten.orf.at: „Heimatdienst setzt Hans Steinacher Denkmal“, orf.at, 9.10.2019, online unter:  https://kaernten.orf.at/stories/3016441/

    [9] https://twitter.com/a_schaefermeier/status/1204733160682131457?s=20

    [10] Kurier: „Kroatentreffen: 450 Beamte, 221.000 € Kosten“, Kurier, 30.7.2019, S. 17