Bleiburg 2022: Alles neu? Eher nicht...

    (28.04.2022) In wenigen Tagen, am 14. Mai, sollte wieder das Ustaša-Treffen am Loibacher Feld/Libuško polje stattfinden. Doch es sieht danach aus, dass es auch dieses Jahr nicht als Massenauflauf stattfinden wird. Trotzdem ist auch das „Ersatzprogramm“ problematisch.

    Bühne am Loibacher Feld im April 2022. Nach zwei Jahren ohne offizieller Gedenkfeier nagt der Zahn der Zeit am Bauwerk.

    Parlamentsbeschluss und Arbeitsgruppe

    Der Reihe nach: Noch bevor das Treffen coronabedingt zwei Mal abgesagt werden musste, begann eine öffentliche Debatte über das Treffen, das in den letzten Jahren aufgrund seines geschichtsrevisionistischen Charakters und mit Fällen von nationalsozialistischer Wiederbetätigung immer wieder für Schlagzeilen sorgte.

    Im Juli 2020 wurde schließlich im österreichischen Parlament mit großer Mehrheit die Aufforderung an die Bundesregierung, eine Untersagung des Treffens zu prüfen, angenommen. Als Reaktion darauf setzte der Innenminister eine Arbeitsgruppe ein, die zum Schluss kam, dass das Treffen am Loibacher Feld untersagt werden kann (mehr dazu hier (Link)). Ein weiterer Gegenstand des Berichts war der Gedenkstein am Loibacher Feld, der das Wappen der Ustaša trägt, das als Abzeichen der 13. Waffen-SS-Divison nach dem Abzeichengesetz verboten ist und dementsprechend zu entfernen wäre – doch dazu später mehr.

    Kirchliche Hilfe bei der Umgehung des Verbots

    Als im März dieses Jahres schließlich der Bericht der Expert_innenkomission im Innenausschuss des Nationalrats behandelt wurde, wurde seitens der Politik erklärt, dass das Treffen untersagt und „nie wieder stattfinden“ wird.[1] Doch die Politik machte die Rechnung ohne die katholische Kirche: bereits kurz nach der Behandlung im Innenausschuss des österreichischen Parlaments, gab der Kanzler der Diözese Gurk / Krška škofija Jakob Ibounig, selbst Teil der Expert_innenkomission des BMI, über die Medien Tipps, wie ein mögliches Verbot umgangen werden kann.[2]

    Dem Vernehmen nach auf Anregung des Diözesanbischofs Josef Marketz wurde schließlich eine Lösung gefunden: am Freitag, dem 13. Mai findet abends ein Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche von Bleiburg/Pliberk statt.[3] Anschließend sollen am Loibacher Feld Kränze niedergelegt werden. Der Hauptteil der Feierlichkeiten soll wie bereits letztes Jahr (Link) mit Politprominenz am Mirogoj-Friedhof in Zagreb, die Bischofsmesse in Udbina im Hinterland von Zadar stattfinden.[4]

    Zwar können mit einem derartigen Programm vermutlich Bilder von einschlägigen Symbolen bei der Feier vermieden werden, allerdings hat die kroatische katholische Kirche bisher wenig kritische Distanz zum Ustaša-Regime gezeigt (Link). Auch in den Reden und Predigten am Loibacher Feld waren die Verbrechen der Ustaša kein Thema bzw. wurden sie nur erwähnt, um die Opfer des „Kreuzweges der Kroaten“ nach dem zweiten Weltkrieg jenen der Ustaša gleichzustellen, wie Transkripte des Forschungsprojekts „Framnat“ zeigen.[5]

    Gedenkstein am Loibacher Feld/Libuško polje mit entfernter kroatischer Aufschrift (Mitte April 2022).
    Gedenkstein wie er bisher aussah (2020)
    Nachtrag: Ende April / Anfang Mai wurde nun doch das Ustaša-Wappen vom Gedenstein am Loibacher Feld / Libuško polje entfernt. Wie dieser Screenshot zeigt, ist das Aushängeschild der extremen Rechten in Kroatien, Velimir Bujanec, davon wenig begeistert.

    Stein des Anstoßes

    Seit 1987 erinnert am Loibacher Feld/Libuško polje ein Gedenkstein an die „gefallene kroatische Armee“ (Link). Links der Aufschrift prangt das Wappen des faschistischen NDH-Staates. Ein Umstand, der seit Längerem für Kritik sorgt und bereits im Jahr 2016 vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) nach dem Abzeichengesetz angezeigt wurde. Allerdings wurden alle Verfahren von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt/Velikovec auf Basis einer Wikipedia-Recherche des Landesamts für Verfassungsschutz Kärnten eingestellt.[6]

    Mit dem Bericht der Expert_innengruppe des BMI kommt hingegen wieder Bewegung in die Sache. Diese kam nämlich zum Schluss, dass das Wappen auf dem Gedenkstein als Abzeichen der 13. Waffen-SS-Division unter das Abzeichengesetz fällt und ist somit verboten ist. Auf Basis des Berichts forderte die BH Völkermarkt Anfang Februar sowohl den Grundstückseigentümer als auch den Bleiburger Ehrenzug dazu auf, das Wappen zu entfernen.[7] Dieser Aufforderung wurde auf eigenwillige Art und Weise Folge geleistet: die kroatische Aufschrift am Stein wurde entfernt – nicht aber das Ustaša-Wappen.

    Auch zum Grundstück, auf dem sich die Ustaša-Feier bisher abspielte und auch der Gedenkstein steht, gibt es Neuigkeiten: dieses stand bis zu seinem Tod im Jahr 2020 im Eigentum des Gründungsmitglieds der Ehrenzugs Ilja Abramović. Dieses wurde nach dessen Tod nicht, wie vom Ehrezug erhofft, an diesen vermacht, sondern viel an Abramovićs Witwe. Wie diese dazu steht, dass eines der größten rechtsextremen Treffen Europas auf ihrem Grundstück stattfinden könnte, ist allerdings unbekannt.

    Treffen und Gegendemonstration 2022

    Was sich dieses Jahr am Samstag (der offizielle Teil der Feier findet in Bleiburg am Freitagabend statt) am Loibacher Feld/Libuško polje stattfinden wird, ist unklar. Die Erfahrung der letzten beiden Jahre ohne offizielle Feier hat allerdings gezeigt, dass das Feld trotzdem einschlägige Besucher_innen anlockt, die unter anderem Gegendemonstrierende gerne in das NS-Vernichtungslager Treblinka geschickt hätten (Link).

    Es kann also davon ausgegangen werden, dass es sich viele Besucher_innen der letzten Jahre nicht nehmen werden lassen, trotzdem am Samstag auf das Feld zu kommen. Laut Kärntner Behörden ist keine Gedenkfeier für das Ustaša-Regime am Samstag angemeldet.[8]  Anders die Gegendemostration: Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre ist auch heuer wieder eine Gegendemonstration am Samstag angemeldet.

    Mit der Umgestaltung der Feier in Bleiburg/Pliberk kann vielleicht die negative Außenwirkung des Treffens verringert werden, der geschichtsrevisionistische Kern des Treffens bleibt allerdings erhalten. Dabei hilft die katholische Kirche in Kärnten ganz aktiv mit, indem sie dafür ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, statt von ihren kroatischen Kolleg_innen eine Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte zu fordern.

    Update: Ustaša-Wappen wurde entfernt (4.5.2022)

    Wie Bilder in den sozialen Netzwerken zeigen, wurde Ende April / Anfang Mai das Ustaša-Wappen vom Gedenkstein am Loibacher Feld / Libuško polje entfernt. Auch die kroatische Aufschrift fehlt (Stand 4.5.2022) noch immer. Wir sind gespannt, wie es in dieser Sache weiter geht...

    Quellen

    [1] https://kaernten.orf.at/stories/3148165/

    [2] https://kaernten.orf.at/stories/3150137/

    [3] https://www.kathpress.at/goto/meldung/2136364/kirche-schlichte-messe-zu-bleiburg-gedenken-unter-klaren-auflagen

    [4] https://www.sabor.hr/hr/press/priopcenja/predsjednik-hrvatskoga-sabora-gordan-jandrokovic-odrzao-radni-sastanak-s

    [5] http://framnat.eu/bleiburg-transkripti/

    [6] https://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues-von-ganz-rechts/archiv/september-2016/freibrief-durch-bezirkshauptmannschaft

    [7] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_09589/imfname_1438088.pdf

    [8] https://www.kleinezeitung.at/kaernten/6128730/Demo-angemeldet_Gegner-ruesten-sich-schon-fuer-das-Kroatentreffen