Bleiburg erledigt

    Gedenkstätte verfällt zusehens (AK Bleiburg/Pliberk 2022)

    (25.04.2023) Im Folgenden ein Rückblick auf die Feier 2022 (ja, den sind wir schuldig geblieben) sowie ein Vorbericht zur Feier 2023. In aller Kürze: Das Ustaša-Treffen am Loibacher Feld/Libuško polje gibt es in der bekannten Form nicht mehr, nur mehr einige Dutzend Personen kommen nach Bleiburg/Pliberk. Die Gedenkstätte ist verwahrlost, steht unter gerichtlicher Verwaltung und die kroatische Rechte kann sich nicht auf einen Ersatzort einigen.

    "Bitte keine Fahnen" zum Gottesdienst mitbringen - eine Aufforderung, die es wohl nur in Bleiburg/Pliberk braucht. (Bild: AK Bleiburg/Pliberk, 2022)

    Bleiburg-Ersatzfeier 2022

    Im Mai 2022 lud der Bleiburger Ehrenzug (PBV) erstmals nach den Beschränkungen wegen des Corona-Virus wieder zu einer Feier nach Bleiburg/Pliberk. Durchgeführt werden konnte aber nur eine Messe in der Stadtpfarrkirche von Bleiburg/Pliberk, die üblichen Feiern am Feld und am Friedhof fielen aus (wie es dort sonst zuging: Siehe Basis-Artikel). Dass keine Feiern in den Jahren 2020 und 2021 stattfinden konnten war durch die Corona-Pandemie bedingt (Beschränkung Reisemöglichkeit und Veranstaltungen), die Beschränkung der Feier 2022 ergaben sich hingegen aus dem ExpertInnen-Bericht des Innenministeriums (Link Artikel "Bleiburg-Bericht").

    Das Ersatzprogramm war haargenau nach dem vom ÖVP-geführten Innenministerium (BMI) vorgegebenen Motto „Feier wie bisher: nein; katholische Messe: ja“ ausgerichtet. Daher versammelte man sich auch nicht am Feld oder Friedhof, sondern eben in der Stadt selbst und feierte eine Messe in der Stadtpfarrkirche. Der Ehrenzug hat offensichtlich mit mehr Andrang gerechnet und daher Bänke vor der Kirche aufgestellt. Das Interesse hielt sich aber in Grenzen, so dass selbst in der Kirche einige Reihen frei geblieben ist. Zur Messe kamen zumindest neben den eigenen Vereinsmitgliedern samt Anhang einige Vertreter von deutschnationalen Vereinen aus Kärnten/Koroška wie KAB und KHD (siehe Artikel "Deutschnationale Vereine")  und der Rechtsextremist, Antisemit und frühere Kulturminister Kroatiens Zlatko Hasanbegović (siehe Artikel "ProtagonistInnen"). Daniel Glunčić, kroatischer Botschafer in Österreich, kam spät und ging schnell wieder. Aus der lokalen Politik traute sich niemand zur Feier, seitens der Verwaltung wurde Andreas Pichler (BH Völkermarkt/velikovec) geschickt. Polizei und lokaler Verfassungsschutz – noch tief betroffen, dass ihr neuer Chef Tauschitz nach nur sechs Tagen wieder gehen musste, weil man außerhalb Kärntens doch befand, dass ein Ulrichsbergredner nicht für diese Rolle taugt [1] – zogen mehrere Sicherheitsringe um die Kirche und beobachteten das Geschehen mit großer Nervosität. Florian Rulitz, revisionistischer Lokalhistoriker, einst Funktionär der lokalen freiheitlichen Jugend (RFJ) und wie Tauschitz eifriger Ulrichsbergbesucher [2], kam zu spät zur Messe, fand vor lauter Polizeiabsperrungen keinen Parkplatz – und fuhr wieder davon ohne eine Hand geschüttelt oder die Heilige Kommunion empfangen zu haben.

    Auch Bleiburg (nach dem Ulrichsberg) ist laut Hasi erledigt (Bild: AK Bleiburg/Pliberk 2022)

    Demonstration erklärt Bleiburg für erledigt

    Am Samstag, 14. Mai 2022, fand zwar keine Feier statt – dafür aber eine Demonstration, zu der mehrere Gruppen aufgerufen haben. Sie bewegte sich am Vormittag, wieder unter den wachsamen Augen (und Drohne) des Landesamts für Verfassungsschutz (LVT) und der Landespolizeidirektion (LPD), vom Friedhof Loibach/Libuče zur Gedenkstätte. Vor der Einfahrt zur Gedenkstätte wurde in einer Rede das Behördenversagen der letzten Jahrzehnte in Bleiburg/Pliberk thematisiert. Der aufgezogenen Sperrkette von Klagenfurter Polizist*innen schien das zu sein, aber zumindest der, wie in vergangenen Jahren, als Einsatzleiter anwesende Völkermarkter Bezirkshauptmann Klösch ärgerte sich. Nur wenige Personen besuchten in dieser Zeit die Gedenkstätte, nie mehr als fünf Personen. Als Höhepunkt der Kundgebung wurde dann auf der ToDo-Liste des „Ulrichsberg-Hasen“ der Punkt „Bleiburg“ abgehakt (siehe Foto links). So wie 2009 eine antifaschistische Kampagne und jahrelange Aufklärung, Veranstaltungen und Demonstrationen zum Ende des SS-Veteranentreffens am Ulrichsberg geführt haben, ist dies nach einigen Jahren auch bei der Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk gelungen.

    Wir gehen derzeit davon aus, dass es dem Ehrenzug nicht gelingen wird, die Zeit zurückzudrehen und die Feier wieder zu beleben. Jedenfalls nicht 2023/2024. Erst im Jahr 2025, zum 80 Jahrestag der Befreiung (und damit zu den imaginierten Ereignisse am Loibacher Feld/Libuško polje, siehe Artikel "Mythos Bleiburg") wird sich die Frage stellen, ob es die Ustaša-Fans wieder probieren werden.

    Gedenkfeier bei der Gedenkstätte in Macelj, 2020

    Ankündigungen für 2023

    Im Jänner 2023 sandte die Kroatische Bischofskonferenz das Bleiburg-Programm für 2023 aus. [3] Wie 2022 ist für Bleiburg/Pliberk nur eine Messe in der Stadtpfarrkirche für Freitag (12.05.) angekündigt. Die zentrale Gedenkfeier wird am Samstag (13.05.2023) in Macelj (Nordkroatien, nahe der Grenze zu Slowenien) stattfinden. Gelesen wird die Messe vom gerade erst bestellten Zagreber Erzbischof Dražen Kutleša werden (nicht zu verwechseln mit Ante Kutleša). Macelj ist seit einiger Zeit als Alternativort für die Feier in Bleiburg im Gespräch. [4] Durchaus nachvollziehbar: Mit dem Auto ist man in weniger als einer Stunde aus Zagreb bei der praktischerweise direkt neben der Autobahn gelegenen Gedenkstätte, auch ist die recht neue Anlage auf kroatischem Staatsgebiet und der Ehrenzug muss sich daher weder mit ausländischen Behörden auseinandersetzen oder Demonstrationen fürchten.

    Vor der Feier in Macelj findet in der Früh eine Kranzniederlegung in Zagreb am Mirogoj-Friedhof statt. Damit führt man auch diesen Programmpunkt, der sich durch die Corona-bedingten Absagen (2020, 2021) bzw. dem Verbot (2022) etabliert hat, auch dieses Jahr weiter.

    Für alle drei Feiern (in der Kirche in Bleiburg/Pliberk, in Macelj und in Zagreb) muss bezweifelt werden, dass es gelingen wird, dazu mehr als ein paar hundert Personen anzukarren. Dass die Feier je wieder auf das Niveau vor Corona und vor dem Verbot (15.000 bis 30.000 Personen) zurückkehrt, ist anzuzweifeln.

    Der neue Geschäftsführer Zlatko Filipovic (rechts), Zlatko Hasanbegović (Mitte) und der neue Obmann Jakov Vrdoljak während der Messe 2022 (Bild: AK Bleiburg/Pliberk 2022)

    Erneuter Vereinsumbau

    Der Bleiburger Ehrenzug hat seinen Vorstand neu gewählt. Wie berichtet, hat man sich der problematischen Figuren Vice Vukojević und Bože Vukušić schon vor einiger Zeit entledigt (siehe Artikel zum Verein 2018, sowie Vorstand 2020), der frühere Ustaša und langjährige Obmann Ilija Abramović ist 2020 verstorben. Auch Pfarrer Ante Kutleša ist nicht mehr Pressesprecher. Der neue Vorstand besteht seit Februar 2023 aus Jakov Vrdoljak (Obmann), Milan Kovac (Stellvertreter), Zlatko Filipovic (Generalsekretär), Tomislav Milčić (Kassier) und Thomas Baumgärtner (Presse). Damit wurde nur Baumgärtner aus dem alten Vorstand übernommen.

    HKP und PBV teilen sich Büro und Funktionäre (Bild: 2022)

    Neuer Vorstand

    Jakov Vrdoljak lebt in Klagenfurt/Celovec, ist seit Jahrzehnten im Verein aktiv [5] und darf alljährlich die Vereinsfahne vom Friedhof zur Gedenkstätte tragen, siehe Bild). Sein Stellvertreter ist Milan Kovač, Veteran des Kroatienkriegs, Minister unter Tuđman und sonst Abgeordneter im Parlament (Sabor). 2020 ist er schon Stellvertreter des Vereins „Hrvatski križni put“ (Kroatischer Kreuzweg, HKP) geworden [6], der nicht nur dieselbe Agenda wie der PBV hat und in dem sich viele ehem. PBV-Funktionäre tummeln (Vukojević, Vukušić, Hasanbegović), sondern sich in Zagreb mit diesem auch das Büro teilt.

    Neuer Geschäftsführer des Ustaša-Vereins Bleiburger Ehrenzug (PBV) ist Zlatko Filipovic. Er ist Geschäftsführer eines Bauunternehmens in Klagenfurt/Celovec mit dem klingenden Namen „Pro Patria“. Die Firmenadresse, Rampenstraße 17, ist nun auch die Vereinsadresse.[7] Filipovic ist Funktionär des „Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Kärnten“ (SWV) und dort Mandatar der Fachgruppe 101.[8] Seine Firma hat auch schon in den Vorjahren bei der Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk mitgeholfen, 2022 etwa Bierbänke usw. zum Gottesdienst gebracht. Abseits des PBV ist er im „Moto klub Veterani Croatia“ (MKVC) aktiv [9], einem nationalistischen Motorrad-Klub, der in unter anderem in Kroatien und Österreich aktiv ist. In Hinblick auf den schlechten Zustand der Gedenkstätte in Bleiburg/Pliberk könnten aber auch nicht ideologische sondern praktische Gründe für die Wahl des neuen Geschäftsführers gesprochen haben: Der Schwerpunkt von Filipovics Firma sind laut Firmenbuch „Durchführung von Demontagen, Abbrucharbeiten, sowie kleinere Sanierungsarbeiten“ was in Hinblick auf den schlechten Zustand der Gedenkstätte Sinn macht.

    Mit Tomislav Milčić hat sich der Bleiburger Ehrenzug (PBV) einen ehemaligen Mitarbeiter des kroatischen Geheimdiensts (SZUP, dann POA, dann SOA) als Kassier geangelt. Auch er ist Veteran des Kroatienkrieges, hoch dekoriert und von Tuđman belobigt. Wie Vukojević, Vukušić und Kovač ist auch er im HKP organisiert. Ob man den studierten Wirtschaftswissenschaftler wirklich für sein Können als Kassier geholt hat oder eher als Kontaktperson zu den österreichischen Sicherheitsbehörden – wie schon Baumgärtner, der ja CDU-ler und Ex-Polizist ist – muss vorerst unbeantwortet bleiben.

    Die Gedenkstätte samt Bühne steht derzeit unter gerichtlicher Verwaltung (Bild AK Bleiburg/Pliberk 2022)
    Beim Gedenkstein auf der Gedenkstätte wurde das Wappen und ein Teil der Schrift abgeschlagen (Bild AK Bleiburg/Pliberk 2022)

    Gedenkstätte unter gerichtlicher Verwaltung

    Der langjährige Obmann des Ustaša-Vereins „Bleiburger Ehrenzug“, Ilija Abramović, ist im Sommer 2020 verstorben. Als Ustaša flüchtete er 1945 nach Österreich, ließ sich in Kärnten/Koroška nieder und war über Jahrzehnte in den verschiedenen Ustaša-Vereinen tätig. Als es darum ging in den 1960ern landwirtschaftliche Felder für die Errichtung der Gedenkstätte zu kaufen, machte das Abramović, da dieser als „Bauer“ (er war mal Korbflechter) das durfte – die kärntner Behörden haben das durchgewunken. Bis zu seinem Tod stand die gesamte Gedenkstätte im Besitz von Abramović. Nach seinem Tod sind die Grundstücke samt Bühne und Denkmal seiner Witwe zugefallen -  und nicht dem Verein, wie man vermuten würde. Laut Auskunft des zuständigen Bezirksgerichts ist das Verfahren weiter offen und anhängig – was darauf hindeutet, dass es über das Erbe Streit gibt. Man muss annehmen, dass der Bleiburger Ehrenzug irgendwie versucht die Grundstücke zu erhalten, was ihm aber offenbar bis jetzt, immerhin mehr als zwei Jahre, nicht gelungen ist. Bis das Verlassenschaftsverfahren abgeschlossen ist, stehen die Grundstücke samt aller Aufbauten unter gerichtlicher Verwaltung – was die Ausrichtung einer Gedenkfeier sicher nicht erleichtert.

    Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk derzeit unmöglich

    Erneuter Umbau des Vereinsvorstands, Ersatzfeier in Kroatien und eine Mini-Messe in Bleiburg/Pliberk, eine verwahrloste Gedenkstätte auf die die Ustaša-Fans keinen Zugriff mehr haben und ein behördliches Verbot aller Feiern „wie bisher“ – all das macht es aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass in absehbarer Zeit je wieder größere Gedenkfeiern in Bleiburg/Pliberk stattfinden werden. Wir werden das Treiben weiter beobachten, aber vorerst bleibt es bei der Einschätzung von 2022: Die Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk ist erledigt.

    Quellen

    [1] https://www.tt.com/artikel/30812894/rechtsextremismus-vorwurf-kaerntner-lvt-leiter-tauschitz-muss-gehen

    [2] http://www.u-berg.at/2014/index.htm

    [3] https://hbk.hr/priopcenje-sa-xxv-zajednickog-zasjedanja-hbk-a-i-bk-bih/

    [4] Bericht BMI, S. 99; sowie: https://www.no-ustasa.at/allgemein/4166/nachbetrachtung-2020/

    [5] https://www.croexpress.eu/odrzana-molitva-kod-spomenika-na-bleiburskom-polju-i-na-groblju-u-unterloibachu-u-organizaciji-hkm-klagenfurt/

    [6] https://www.hrvkrizniput.com/uprava/milan-kovac/

    [7] https://www.firmenabc.at/zlatko-filipovic-pro-patria_MjqA

    [8] https://wirtschaftsverband-ktn.at/funktionaere/

    [9] https://www.facebook.com/zlatkofilipovic.at/?locale=de_DE