Die Protagonist_innen

Die Geschichte des rechtsextremen Vereins „Bleiburger Ehrenzug“ („Počasni Bleiburški vod“, kurz: PBV) und die Entwicklung des von ihm organisierten Ustaša-Treffens in Bleiburg/ Pliberk sind eng verwoben und wurden stark von der kroatischen und (ex-)jugoslawischen Innen- und Außenpolitik geprägt

Bild des kroatischen Generals Ante Gotovina auf einem T-Shirt während des Marsches/Prozession, Bleiburg/Pliberk 2015 (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2015).

Bescheidene Anfänge

Ein Jahr nach der ersten Gedenkfeier zu Allerheiligen, am 1. November 1952, wurde der Verein von ehemaligen Ustaša gegründet und organisiert seit 1955 regelmäßig das revisionistische Totengedenken am Loibacher Feld/ Libuško polje (vgl. Kolstø 2010). Zu Beginn seiner Aktivitäten in den 1950er Jahren hatte der Ehrenzug eine Handvoll Mitglieder, die bis 1945 direkte Verbindungen zum NDH-Staat hatten oder sich selbst in den Reihen der Ustaša befanden. Als Beispiel hierfür kann der ehemalige Ustaša, Gründungsmitglied sowie langjähriger Obmann, Ilija Abramović, herangezogen werden. Unterstützung erfuhr der Ehrenzug frühzeitig auch vom Priester Vilim Cecelja, der sich nach Jahren an der Seite des Ustaša-Führers Ante Pavelić in Salzburg niederließ und sich tatkräftig für die Aktivitäten rechtsextremer Exil-Kroat_innen einsetzte (vgl. Posavski-Vremeplov 2016). Ursprünglich wurde die Gedenkfeier am Loibacher Feld/Libuško polje sowohl rund um Allerheiligen als auch an einem Wochenende Mitte Mai abgehalten, wobei sich jene im Mai zur zentralen Feier entwickelte und man von Sonntag zu Samstag überging (vgl. Kolstø 2010).

Die Aktivitäten des Ehrenzuges waren dem sozialistischen Jugoslawien ein Dorn im Auge. Vor allem in den 1970er Jahren kam es zu Konflikten zwischen selbigem und dem jugoslawischen Geheimdienst („Uprava državne bezbednosti“, kurz: UDBA). So legte die UDBA 1966 eine Bombe in Bleiburg/Pliberk, die jedoch zu früh zündete. Auch der Mord an einem Mitglied des PBV, Nikica Martinović, in Klagenfurt 1975 wird der UDBA zugeschrieben und verdeutlicht die Tragweite des Konflikts zwischen dem jugoslawischen Geheimdienst und den im Ausland aktiven rechtsextremen kroatischen Organisationen (vgl. Nielsen 2018).

Vor dem Zerfall Jugoslawiens blieb das Treffen auf wenige Hundert Besucher_innen begrenzt, es handelte sich großteils um Exil-Kroat_innen aus Europa, Australien und Nordamerika. An Bedeutung gewann der Ehrenzug und das Ustaša-Treffen erst mit der Unabhängigkeit Kroatiens 1991 und der Unterstützung seitens der völkischen und revisionistischen HDZ-Regierung unter Franjo Tuđman. Seitdem ist neben der Zurschaustellung von Symbolen der Ustaša/NDH auch das Glorifizieren von einzelnen Kriegsverbrechern oder militärischen Verbänden aus dem Jugoslawienkrieg und das Zeigen von deren Emblemen und Fahnen Bestandteil der Feiern.

Der kroatische Vize-Premier Tomislav Karamarko (HDZ) besuchte etwa 2016 die Gedenkfeier und wurde von anderen Teilnehmer_innen begeistert begrüßt, ein Verhalten, das die Bedeutung Bleiburgs als innenpolitische Wahlkampfbühne unterstreicht (Quelle: AK Bleiburg/ Pliberk, 2016).

Verbündete im politischen System ...

Nicht nur die Gewährung der Schirmherrschaft, sondern obendrein die finanziellen Zuwendungen waren stets abhängig von der jeweiligen Regierungszusammensetzung. Der immense Geldfluss, gegenwärtig im sechsstelligen Euro-Bereich, ermöglichte den Ankauf von Grundstücken am Loibacher Feld/ Libuško Polje und den Ausbau der Infrastruktur, die 2007 in den Bau einer Bühne mündete (vgl. Kolstø 2010). Die Veranstaltung spielt sich bis heute an mehreren Örtlichkeiten ab. Eine christliche Andacht auf dem kleinen Friedhof in Unterloibach/Spodnje Libuče bildet den Auftakt. Der erhebliche Teil der Besucher_innen findet sich aber direkt beim Denkmal ein, das etwa zwei Kilometer außerhalb von Bleiburg/Pliberk liegt. Die Teilnehmer_innen marschieren, inklusive politischer Transparente und Fahnen, auf der Straße vom Friedhof bis zum Denkmal. Die öffentlichen Straßen werden dafür den gesamten Tag von der österreichischen Polizei gesperrt. Beim Denkmal angelangt beginnt die eigentliche Zeremonie mit einer katholischen Messe und zahlreichen Reden von rechten und konservativen kroatischen Politiker_innen. Den Höhepunkt stellen die Kranzniederlegungen dar. Die Feier wird, um aus dem Versammlungsund Veranstaltungsrecht herauszufallen, seitens der Veranstalter als Prozession deklariert.
Im Jubiläumsjahr 2015 finden sich am Loibacher Feld/Libuško polje, wie schon erwähnt, beachtlicherweise rund 30.000 Personen ein, um dem NDH-Staat nachzutrauern (vgl. Kleine Zeitung 2015). Seit etlichen Jahren wird der formelle Teil der Zeremonie zudem massenmedial im kroatischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk HRT live übertragen. Die Veranstaltung ist keineswegs bloß ein Ort der Vernetzung von explizit rechtsextremen Vereinen und Persönlichkeiten. Sie ist mehr als das: Das Bedienen mythologischer Leidens geschichten, das Bürger_innen an Identitäten und Erfahrungen des Ustaša-Regimes koppelt, erlaubt einen Austausch von rechtsextremem und geschichtsrevisionistischem Gedankengut, der bis tief hinein in das konservative politische Lager sowie die kroatische katholische Kirche reicht.

In diesem Sinn steuert das kroatische Parlament unter einer HDZ-Mehrheit nicht nur zur Finanzierung der Veranstaltung bei, es sind regelmäßig auch höchste politische Amtsträger_ innen vor Ort. 2016 erschienen beispielsweise der damalige Vize-Premier Tomislav Karamarko (HDZ) sowie der neofaschistische Kulturminister Zlatko Hasanbegović (HDZ). Andere Premiers und selbst die aktuelle rechts-außen Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović hingegen besuchen die Gedenkstätte häufig wenige

Tage vor der Feier und legen Kränze nieder. Zu verhängnisvoll erscheint die Blöße, auf internationaler Bühne die eigene Person mit der Veranstaltung und deren Teilnehmer_innen assoziiert zu sehen. Von kirchlicher Seite war es Želimir Puljić, der Erzbischof von Zadar, der 2018 die Messe leitete. Es handelt sich dabei um jenen Geistlichen, der drei Jahre zuvor ein Referendum über die Wiedereinführung des faschistischen Grußes „Za dom spremni“ im kroatischen Militär vorgeschlagen hatte (vgl. Novi List 2015).

Der kroatische Neofaschist und Journalist, Velimir Bujanec, auf der Feier 2016 umringt von Fans (Quelle: AK Bleiburg/Pliberk, 2016).

… und die übrigen Verdächtigen

In diesem Gemenge prominenter, öffentlicher Personen werden Kriegsverbrecher wie Dario Kordić hofiert. Kordić war ein Politiker der bosnisch-herzegowinischen HDZ, der aufgrund von Verbrechen gegen die Menschlichkeit vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde. Seine hervorragenden Beziehungen etwa zu Miroslav Piplica, dem Obmann der HDZ-Filiale in Österreich und Mitveranstalter diverser Kulturveranstaltungen in Wien, machen ihn zum gern gesehenen Gast (vgl. Der Standard 2014). Fast selbstredend nutzen auch Funktionär_innen der neofaschistischen Partei HČSP oder der einschlägige Fernsehjournalist Velimir Bujanec in Loibach/Libuče das Treffen als Bühne. Dieser outete sich während der Bürgerkriege der 1990er als ein offener Ustaša-Anhänger und ist mittlerweile über die Bekanntheit seiner eigenen Fernseh-TalkShow zu einem HDZ-Mitglied mutiert, das beste Beziehungen zur Staatsspitze unterhält (vgl. Balkan Insight 2016).
Die rechtsextreme Vernetzung findet in Loibach/Libuče auch auf transnationaler Ebene statt: So waren bereits die FPÖ/ FPK-Politiker_innen Anneliese Kitzmüller, seit 2017 Dritte Nationalratspräsidentin Österreichs, ebenso wie Josef Lobnig, der Dritte Präsident des Kärntner Landtags, willkommene Gäste der Gedenkfeier. Während der kroatische Rechtsextremist Tomislav Sunić beim SS-Totengedenken am Ulrichsberg/Šenturška gora redete, besuchten umgekehrt Vertreter_ innen des Kärtner Deutschnationalismus wie Willi Überfellner (Kärntner Abwehrkämpferbund) oder Peter Mussi (Akademische Sängerschaft Tauriska zu Klagenfurt) 2017 die Veranstaltung in Bleiburg/Pliberk.
Beifall kommt von zahlreichen Sympathisant_ innen und Gläubigen, die großteils aus Kroatien und der kroatischen Diaspora anreisen.

Literatur

Balkan Insight (2016). What were the Ustasa for Minister Hasanbegovic, http://www.balkaninsight.com/en/ article/what-were-the-ustasa-for-min- ister-hasanbegovic--02-12-2016 (zuletzt aufgerufen am 28.10.2018).

Der Standard (2014). Jubel für Kriegsverbrecher, https://derstandard. at/2000001868816/Jubel-fuer-Kriegsver- brecher (zuletzt aufgerufen am 28.10.2018).

Kleine Zeitung (2015). 30.000 Kroaten am Loibacher Feld, https://www. kleinezeitung.at/kaernten/landespoli- tik/4732786/70-Jahrestag_30000-Kroat- en-am-Loibacher-Feld (zuletzt aufgerufen am 28.10.2018).

Kolstø, Pål (2010). Bleiburg: The Creation of a National Martyrology. In: Europe-Asia Studies, Jg. 62, H. 7, 09/2010m S. 1153-1174.

Nielsen, Christian Arboe (2018). The Yugoslav State Security Service and the Bleiburg Commemorations. In: Croation political Science review, Vol 55. No 2 S. 50-70.

Novi List (2015). Crkva za referendum o ustaskom pozdravu „Za dom spremni“, http://www.novilist.hr/Vijesti/Hrvats- ka/Crkva-za-referendum-o-ustaskom- pozdravu-Za-dom-spremni (zuletzt aufgerufen am 28.10.2018).

Posvski-Vremeplov (2016). Pocasni blei- burski vod, https://www.posavski-vreme- plov.com/suzna-dolina/po%C4%- 8Dasni-bleibur%C5%A1ki-vod/ (zuletzt aufgerufen am 28.10.2018).