Bleiburger Ustaša-Treffen für Behörden doch keine „kirchliche Veranstaltung“?

    Wie kroatische Medien berichten, wollen die zuständigen Behörden das diesjährige Treffen, anders als die letzten Jahre, wie eine Versammlung nach dem Versammlungsgesetz behandeln.
    Szenen einer "kirchlichen Veranstaltung": Politische Tramsparente...
    Bisher stellten sich die österreichischen Behörden auf den Standpunkt, dass das Bleiburger Treffen, trotz des offensichtlichen politischen Charakters der Veranstaltung, eine rein religiöse Feier und somit vom Versammlungsgesetz ausgenommen wäre. Allgemein wird hier gerne von einer gewissen Tradition („seit 1950 in dieser Form“) gesprochen, allerdings steht das Treffen erst seit 2003 unter der Patronanz der katholischen Kirche Kroatiens. Noch letztes Jahr versuchten die Landespolizeidirektion Kärnten und die zuständige Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt diesen Zustand mit „Auflagen“ zu retten, die Teilnehmer_innen sollten sich an die österreichischen Gesetze halten [1].
    Die mediale Kritik am Vorgehen der Behörden zeigte dann aber doch Wirkung: Anders als die letzten Jahre schritt die Polizei bei Verdacht von nationalsozialistischer Wiederbetätigung ein. Es kam zu zehn Anzeigen nach dem Verbotsgesetz, sieben Personen wurden noch vor Ort abgeführt und bei den darauffolgenden Prozessen wurden fünf Personen verurteilt.
    Heuer scheint die Lage eine andere zu sein: Anfang März teilte Diözesanadministrator Guggenberger mit, dem Ansuchen der kroatischen Bischofskonferenz, am Loibacher Feld/Libuško polje eine Messe abzuhalten, eine Absage. Hintergrund dieser Entscheidung ist, die kroatische Bischofskonferenz die Diözese Gurk/Krška škofija um Erlaubnis bitten muss, in deren Zuständigkeitsbereich eine kirchliche Veranstaltung abhalten zu dürfen [2].
    ...und faschistische Fahnen.

    Kickl schweigt, Sobotka trifft Jandroković

    Auch auf politischer Ebene regt sich Widerstand – zumindest lokal: Die Stadtgemeinde Bleiburg/Pliberk fordert in einer Resolution Maßnahmen, damit die die Ereignisse "dem Ansehen der Stadtgemeinde Bleiburg, dem Land Kärnten und der Republik Österreich [keinen] weitere[n] Schaden zufügt". Landeshauptmann Kaiser hat daraufhin angekündigt, diese Resolution der Bundesregierung zu übermitteln [3]. Schon vorher hat Kaiser kommuniziert, rechtliche Maßnahmen gegen das Treffen zu prüfen, verwies aber wiederholt auf die Verantwortung des Innenministeriums. Dieses Hin- und Herschieben der Verantwortlichkeit ist im Zusammenhang des Ustaša-Treffens in Bleiburg/Pliberk allerdings eine lange praktizierte Strategie der Verantwortlichen [4].
    Doch die angesprochene Bundesregierung schwieg lange zum diesjährigen Treffen, man verwies nur auf das im März in Kraft getretene Symbolegestz. Dieses erfasst allerdings nur einen Bruchteil der am Loibacher Feld/Libuško polje gezeigten Symbole [5]. Einzig vom Ersten Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka von der Regierungspartei ÖVP, selber bis 2017 Innenminister, kam eine Reaktion: Bei einem Treffen mit dem kroatischen Parlamentspräsidenten Gordan Jandroković zeigte Sobotka Verständnis für die Position Kroatiens und versprach, dass das Treffen jedenfalls stattfinden dürfe [6].
    Unterdessen wurden in Bleiburg/Pliberk – laut Behörden – vier Gegendemonstrationen angemeldet. Die Reaktion der Lokalpolitik ist bezeichnend: Statt sich hinter die Demonstrationen zu stellen, wird Angst vor Ausschreitungen geschürt [7].

    Doch eine Versammlung nach Versammlungsgesetz?

    Die Organisatoren des Ustaša-Treffens in Bleiburg/Pliberk stellten sich währenddessen auf den eigenwilligen Punkt, keine Versammlung anmelden zu müssen, bleibe die Feier doch im „selben Format“. Lange sah es danach aus, dass die Behörden das auch durchgehen lassen werden [8].
    Am Wochenende dann eine überraschende Wendung: Nachdem Innenminister Kickl am Freitag bei einem Besuch in Kärnten/Koroška die lokalen Behörden als alleinig zuständig bezeichnete [9], berichten kroatische Medien, dass die Kärntner Behörden das Trefen am Loibacher Feld/Libuško polje wie eine Versammlung nach dem Versammlungsgesetz behandeln werden. Die Zeitung Večernji List bezieht sich hierbei auf einen namentlich nicht genannten Teilnehmer eines Treffens zwischen Bleiburger Ehrenzug und BH Völkermarkt [10].
    Mit dieser Entscheidung ändern sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Ustaša-Trefen, das dieses Jahr am 18. Mai stattfindet: unter anderem muss die Teilnahme Vertreter_innen ausländischer Staaten angezeigt und die Behörde kann die Versammlung auflösen bzw. untersagen, wenn sie gesetzlichen Bestimmungen zuwiderläuft, was auch in Anbetracht der zahlreichen Fälle von Wiederbetätigung selbst seitens der sehr entgegenkommenden Behörden anzunehmen ist. Vor allem darf die Versammlung nicht „von Ausländern“ angemeldet werden und auch alle Ordner müssen österreichische Staatsbürger sein. Außerdem kann der Versammlung von den Behörden nicht mehr so einfach wie bisher Vorrecht gegenüber anderen Versammlungen eingeräumt werden. Auch wird kritisch zu hinterfragen sein, ob es weiterhin zulässig ist, dass die Stadtgemeinde Bleiburg und die Landesverwaltung den Veranstaltern wie in den letzten Jahren Straßen als Parkplatz für die Busse überlässt. Es ist zu hoffen, dass es seitens der Lokalpolitik und örtlichen Verwaltung endlich zu einem Umdenken kommt: Vom Modus der Ermöglichung und des Entgegenkommens hin zu einer Politik der kritischen Distanz und tatsächlichen Kontrolle.
    [1] https://www.no-ustasa.at/allgemein/2583/nachbetrachtung_2018_behoerden/
    [2] https://www.no-ustasa.at/allgemein/2907/bleiburg-2019-alles-anders-alles-gleich/
    [3] https://www.ktn.gv.at/Service/News?nid=29739
    [4] https://www.no-ustasa.at/allgemein/2907/bleiburg-2019-alles-anders-alles-gleich/
    [5] https://www.no-ustasa.at/allgemein/2907/bleiburg-2019-alles-anders-alles-gleich/
    [6] https://www.sn.at/politik/weltpolitik/bleiburg-gedenken-jandrokovic-traf-sobotka-68538334
    [7] https://kaernten.orf.at/news/stories/2977577/
    [8] https://www.no-ustasa.at/allgemein/3042/was_gibt_es_neues/
    [9] https://kaernten.orf.at/news/stories/2978370/
    [10] https://www.total-croatia-news.com/politics/35590-bleiburg