Hitlergruß und „kroatischer Gruß“
Beim Prozess wurde ein Beamter des LV Kärnten als Zeuge befragt. Das LV Kärnten ist eine Dienststelle des Bundes, dem Innenministerium unterstellt und bei der Landespolizeidirektion Klagenfurt angesiedelt. Ein Schwerpunkt der ‚Landesämter Verfassungsschutz‘ ist der Bereich Rechtsextremismus. Der befragte Beamte gab an, er mache seit 2012 während der Ustaša-Feier Dienst, für ihn sei das keinesfalls eine problematische Veranstaltung denn man gedenke dort nur den Verstorbenen. Auf die Frage des Richters, ob die Veranstaltung nicht zumindest auch zum Teil von Faschisten missbraucht wird, stimmt der Beamte nach längerem Zögern der Einschätzung vorsichtig zu.
Der Beamte wird vom Richter auch zu den unterschiedlichen Grüßen – also Hitlergruß und sogenannter „Kroatischer Gruß“ – befragt. Er führt dazu als Zeuge aus, dass es unterschiedliche Grüße gäbe, vom Hitlergruß sei der kroatische Gruß zu unterscheiden. Der „kroatische Gruß“, so der Beamte, bestehe aus der zum Herz geführten rechten Faust die dann nach vorne ausgestreckt wird, wobei die Faust dabei stets geschlossen bleibt. Der Richter zeigt dem Beamten sodann ein Foto von einem der vielen Hitlergrüße, die alljährlich in den dort aufgestellten Bierzelten ausgeführt werden. Der LV-Beamte erläutert dem Richter, dies seien eindeutig Hitlergrüße und keine kroatischen Grüße.
„Kroatischer Gruß“ und Fliehkraft
Ein Kollege beim LV Kärnten äußerte vor nicht allzulanger Zeit die These, dass wenn man den „kroatischen Gruß“ besonders schnell ausführe dieser für Dritte als Hitlergruß wahrgenommen werden könnte, dabei aber ein „kroatischer Gruß“ bleibe. Diese These, dass ein besonders zackig ausgeführter „kroatischer Gruß“ schon alleine wegen der Fliehkraft als Hitlergruß missverstanden werden können, kam im jetzigen Verbotsgesetz-Verfahren nicht zur Sprache.
„Niemand grüßt in Kroatien so“
Der Angeklagte selbst – ein Kroate – ist da anderer Meinung als die Experten für Grüße und Fliehkräfte beim LV Kärnten. Der Richter bittet den Angeklagten mehrmals zu zeigen, welchen Gruß er gezeigt hat. Dazu streckt der Angeklagte die rechte flache Hand aus und führt dann die Faust zum Herz. Dazu rufe man dann „Za dom spremni“ („Für die Heimat bereit!“). Als der Richter den Angeklagten auf den „kroatischen Gruß“ mit ausgestreckter Faust anspricht erklärt dieser: „Niemand grüßt in Kroatien so.“
Staatsanwaltschaft: Unterschied unerheblich
Der Prozess wurde schlussendlich vertagt um, auf Antrag der Verteidigung, die Einschätzung eines „Sachverständigen“ aus dem Bereich Völkerkunde mit der Gruß-Frage zu betrauen. Die Staatsanwaltschaft sprach sich nicht gegen den Antrag aus, gab jedoch zu Bedenken, dass für die Anklage die Unterscheidung in Hitlergruß und kroatischer Gruß unerheblich sei. Zumal der NDH-Staat, wie das Dritte Reich, Rassegesetze einführte, Konzentrationslager betrieb und ein Vasallenstaat Nazideutschlands war.
Auch die Salzburger Staatsanwaltschaft sieht das bekanntlich so: Dort wird in Kürze ein Verfahren gegen 14 Personen nach dem Verbotsgesetz geführt werden, denen unter anderen zur Last gelegt wird "wiederholt eine 'dem Hitlergruß gleichende Geste' gezeigt [zu haben], die das Ustascha-Regime damals von den Nazis übernommen habe. Dies und das Absingen faschistischer Ustascha-Lieder sei durch Bild- und Videomaterial belegt." (Quelle: sn.at)
Es drängt sich der Verdacht auf, dass sich der LV Kärnten eine Begründung zurechtgelegt hat, um gegen während der Ustaša-Feier gezeigten Hitlergrüße nicht einschreiten zu müssen. So ist es auch kein Wunder, dass Jahr für Jahr die Polizeiaussendung von einer ruhigen, würdigen Gedenkveranstaltung zu berichten weiß bei der es zu keinen Vorfällen gekommen sei. Dies nur, weil die Hitlergrüße, die aussehen wie Hitlergrüße, eben „kroatische Grüße“ sind – die offenbar nur das LV Kärnten kennt.
Staatsanwaltschaft kritisiert Untätigkeit
Dazu passt, dass sich die Staatsanwaltschaft Klagenfurt in Ö1 damit zitieren lässt, dass die Exekutive während der Ustaša-Feier betreffend der vielen Hitlergrüße untätig sei bzw. unzureichende Kontrollen durchführe (Quelle: Ö1 Europajournal, 27.4.2018). Die vielen im Nachhinein bei der Behörde zur Anzeige gebrachten und per Fotos dokumentierten Hitlergrüße werden von der Behörde zwar verfolgt, da die Exekutive aber vor Ort keine Namen der Verdächtigen aufnimmt, verlaufen die Verfahren fast immer im Sand. Das bestätigt auch der Angeklagte im Verfahren wortreich: Es sei am Friedhof in Unterloibach auf einer Bank gesessen, viele Leute wollten Fotos und Videos von ihm machen, dazu hat er immer wieder die Hand zum Gruß gehoben. Direkt daneben seien zwei österreichische Polizisten in Uniform gestanden, haben das Geschehen beobachtet und sind nicht eingeschritten. Der Angeklagte schließt seine Aussage mit der schlussfolgernden Frage: „Warum haben sie es nicht verhindert, wenn das verboten hätte sein sollen? Die haben nur zugeschaut.“Organisatoren verteilen Uniformen und Fahnen
Während der Verhandlung kam auch zu Sprache, dass die Organisatoren der Ustaša-Feier Fahnen und Uniformen verteilen und in Kroatien für die Gedenkfeier werben würden. Der Angeklagte wurde bei einem Fest in Samobor eingeladen zur Feier zu kommen. Bei der Feier angekommen gab man ihm die Uniform, die am Kragen und der Mütze das U der Ustasa trägt. Die Organisatoren würden, glaubt man dem Angeklagten, auch Fahnen verteilen.
Diese Aussage ist interessant, behaupten doch die Organisatoren vom Bleiburger Ehrenzug, die Verherrlichung der Ustaša abzulehnen, aber nichts gegen Fahnen und Dergleichen unternehmen zu können und ja niemandem mitgebrachte Gegenstände abnehmen könne. Wäre tatsächlich schizophren bei den Bussen Fahnen zu verteilen und diese am Veranstaltungsort wieder abzusammeln...
Angeklagter ist Dauergast
Gleichzeitig ist die Aussage des Angeklagten selbst zweifelhaft. Der Angeklagte gab während der Verhandlung zu Protokoll erst zweimal an der Feier teilgenommen zu haben, wobei ihm die Feier nicht mehr gefalle. Konkret sagte er: "Zweimal und ich gehe nie wieder hin. Es gefällt mir nicht was dort vor sich geht. Die Leute betrinken sich und beschimpfen sich dann gegenseitig." Gerade weil er eben die Ustaša-Uniform trägt und sich gerne fotografieren lässt ist diese Aussage leicht zu widerlegen: Aus den Jahren 2015, 2016 und eben 2017 finden sich Fotos des Angeklagten in Uniform und auf der Feier. Vielleicht kann man das beim zweiten Verhandlungstag nachfragen.