(11.06.2025) Wie alle Jahre, trafen sich auch heuer Mitte Mai Anhänger:innen der Ustascha in Bleiburg/Pliberk. Diesmal wurde gleich an mehreren Tagen kleinere Feierlichkeiten abgehalten. Die Anzahl der Teilnehmer:innen steigt dabei wieder kontinuierlich - die befürchtete Wiederbelebung zum 80. Jubiläum blieb aber aus.
Mittlerweile fand im Jahr 2019 zum letzten Mal eine "klassische" Bleiburg-Gedenkfeier mit politischen Ansprachen, faschistischen Fahnen, Transparenten von Parteien und Verbänden, Zeltfest mit Bier und Ustascha-Gesängen und damit einhergehenden Fällen von nationalsozialistischer Wiederbetätigung und Leugnung (respektive Verherrlichung) der faschistischen Verbrechen im Ustascha-Staat statt. In den Jahren 2020 und 2021 machte die Pandemie den Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung, im Jahr 2022 wurden die Feiern schließlich auf Basis eines Expert*innenberichts untersagt. Es etablierten sich jährliche Gedenkfeiern an Ersatz-Orten, so etwa in Macelj in Kroatien. Die Proponenten des Ustascha-Verein "PBV", der die Feiern in Bleiburg/Pliberk seit Jahren organisiert, probieren seither einen Neu-Start in Österreich - der bisher nur bedingt gelungen ist.
Feiern in Bleiburg/Pliberk im Mai 2025
Der Trend aus den vorangegangen Jahren nach dem Verbot setzte sich fort: die Gedenkfeiern fanden statt, allerdings in stark abgespeckter Form und zudem zu verschiedenen Zeitpunkten. So reisten sowohl am 11. Mai als auch am 16. und 17. Mai größere Personengruppen in organisierter Form an, also in gebuchten Bussen oder Autokolonen. Am 11. Mai waren dies schonmal rund 100 Personen, am 16. Mai rund 250 Personen, am 17. Mai nochmal knapp 100 Personen. Über die Gründe der getrennten Anreise und separaten Feiern kann nur spekuliert werden. Möglich scheint, dass die Spannungen zwischen den verschiedenen Vereinen und Verbänden zu einer Zersplitterung des Gedenkens beiträgt. Möglich ist auch, dass sich die Verwirrung um das "richtige" Datum - Bezugspunkt 14./15.Mai oder Muttertag - nachhaltig bemerkbar macht.
Am 11. Mai 2025 reisten jedenfalls einige Gruppen gemeinsam an, legten Kränze und Gestecke beim Denkmal am Feld und auch beim Pfarrfriedhof ab und hinterließen Kerzen in den kroatischen Farben. Auch die Stadtpfarrkirche Bleiburg/Pliberk wurde besucht, obwohl dort lediglich die normale Muttertagsmesse gefeiert wurde. Wieviele Personen über den ganzen Tag verteilt zur Gedenkstätte kamen ist unbekannt, jedenfalls nie mehr als 100 Personen. Es beteiligten sich daran jedenfalls Verbände aus Wien und München. Neben zwei Motorrad-Klubs nahm daran auch eine Abordnung der rechtsextremen Partei HSP an der Feier teil - entsprechende Parteifahnen und -embleme - und somit mit Referenzen auf das faschistische Ustascha-Wappen - inklusive.
Die Woche drauf, am 16. Mai 2025, fand zunächst eine Gedenkfeier am Loibacher Feld/Libuško polje und anschließend eine Messe in der Stadtpfarrkirche Bleiburg/Pliberk statt. Die mehrheitlich aus Kroatien Angereisten versammelten sich für ein kurzes Gebet und Kranzniederlegungen am Feld. Die größte Ansammlung von Personen fand sich um etwa 17.00 ein: Insgesamt rund 250 Personen, darunter mehrere Priester, der kroatische Botschafter in Österreich, ein paar Ehrengäste sowie rund zehn Vertreter des PBV. Diese waren mit zwei Bussen mit kroatischem Kennzeichen sowie rund 40 Privatautos angereist.
Die österreichischen Behörden waren auch am Start. Während die uniformierten Kräfte das Geschehen gewohnt uninteressiert verfolgten, waren die Abordnungen von Bezirkshauptmannschaft und Verfassungsschutz bemüht ja nichts anbrennen zu lassen. So wurden auch die zur Schau getragenen Embleme, Abzeichen und Symbole kontrolliert. Die österreichische Polizei führte diesbezüglich einige Kontrollen durch, es dürfte auch zu einigen Anzeigen aufgrund verbotener Symbole gekommen sein. Außerdem wurde insbesondere die StVO überaus exakt exekutiert - der nur mit einer Stop-Tafel geregelte Eisenbahnübergang stellte sich diesbezüglich als Goldgrube für Organmandate heraus.
Nach der Gedenkfeier am Feld bewegte sich die Festgemeinde ins Zentrum der Stadt Bleiburg/Pliberk um dann dort an der Messe in der Pfarrkirche teilzunehmen. Der Bleiburger Pfarrer Ivan Olip nahm heuer nicht daran teil, die Messe wurde vor allem von kroatischen Priestern getragen.
Am folgenden Tag, Samstag den 17. Mai 2025, waren alle abgereist - wohl auch, um an den eigentlichen Hauptfeiern in Zagreb und Macelj teilzunehmen. Trotzdem tummelten sich im Raum Bleiburg/Pliberk weiterhin Anhänger der Ustascha. So fand sich noch eine Gruppe von etwa 50 klar als Ustascha-Sympathisanten erkennbare Personen am Friedhof in Unterloibach / Spodnje Libuče für ein Gruppenfoto ein.
Bewertung: Getrenntes, zersplittertes Gedenken
Aus der Distanz bleibt unklar, warum es zu diesem stark zersplitterten Gedenken kommt. Gedenkfeiern an verschiedenen Tagen (11.,16.,17. Mai) und diversen Orten (Bleiburg/Pliberk, Zagreb, Macelj) deuten jedenfalls nicht auf eine kohärente Praxis der Beteiligten hin.
Offenbar gelingt es dem veranstaltenden Verein (PBV, Bleiburger Ehrenzug) zumindest ein paar hundert Personen zu mobilisieren. Neben dutzenden Privatautos reisten auch mindestens zwei große Reisebusse aus Kroatien an. Auch die Teilnahme des Botschafters, einiger Ehrengäste ist eine Bestätigung dafür, dass die Gedenkstätte in Bleiburg/Pliberk keineswegs aufgegeben wurde. Die Anwesenheit von 250 Personen, koordinierter Bus-Anreise, Sicherheitsdienst und bauliche Ausbesserungen an der Gedenkstätte sind durchaus ein Höhepunkt der Aktivitäten des Ustascha-Vereins in Österreich seit dem Jahr 2000.
Gleichzeitig muss dieser scheinbare Erfolg relativiert werden. Es ist zu bedenken, dass sich im Mai 2025 um das 80-jährige Jubiläum gehandelt hat. Zum 70-jährigen Jubiläum 2015 waren 20.000 bis 30.000 Teilnehmende angereist, was den Höhepunkt der Feier darstellte. Es gelang dem PBV also 2025 nicht an den Erfolg von 2015 anzuschließen.
Für eine größere Feier, mit Zelten, Bühne, Live-Übertragung, Bischöfen und Ministern, reicht es bei weitem noch nicht, oder nicht mehr. Seitens der hohen Vertreter aus Kirche und Staat hat man sich wohl eher damit angefreundet, die Feier in Zagreb abzuhalten - weniger Wirbel, weniger schlechte Presse, kürzere Anreise. Auch diesseits der Grenze sind die örtlichen Behörden wohl froh, nicht mehr im Fokus der Berichterstattung zu stehen. Ob die Vertreter:innen in der lokalen Behörden je wirklich eingesehen haben, was an der Feier problematisch ist, bleibt offen - aber sie unterstützen es jedenfalls nicht mehr. Dass der ehemalige Leiter Mayer das LVT (nun: LSE) nicht mehr leitet, ist sicher kein Fehler, dass der als Nachfolger nominierte ÖVP-Politiker und Ulrichsberg-Festredner Tauschitz weiter in Wien Kaffee kochen muss, ebenso.
Behörden, Polizei und Anzeigen:
Bemerkenswert ist auch das Verhalten der Polizei vor Ort. Wie bereits angedeutet waren die Kontrollen intensiv und die handelnden Beamten mit der einschlägigen Rechtslage zum Abzeichengesetz, Symbole-Gesetz und Verbotsgesetz/EGVG vertraut. Das ist ein Quantensprung, wenn man sich daran erinnert, dass der Kärntner Verfassungsschutz (LVT/LSE) in Hinblick auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus in den letzten zehn Jahren alles verbockt hat: Angefangen bei der LVT-Stellungnahme an die BH VK im Zuge der Debatte um das faschistische Ustascha-Wappen am Gedenkstein, das zu einer de facto Legalisierung des Symbols führte, wobei man lieber Wikipedia glaubte als dem DÖW. Bis zur Räuberpistole, als ein Beamter des LVT den Geschworenen und dem Richter erklärte, ein Hitlergruß sei nicht strafbar weil in Bleiburg/Pliberk nur der "kroatische Gruß" zu sehen sei, und dieser sei nicht strafbar.
Auch des Kroatischen mächtige Beamt:innen waren scheinbar vor Ort um Reden, Transparente und Gespräche zu dokumentieren. Auch dies eine relevante Veränderung, denn 2015 erklärte das BMI noch, eine Kroatisch-Sprechende Beamtin würde ausreichen, um das Tun von 20.000 Teilnehmern auf Bühne, in Zelten und privaten Verkaufsständen effektiv zu überwachen. (Quelle: BMI-Anfragebeantwortung 11776/AB (XXV.GP) v. 10.05.2017)
Am Rande lassen die zahlreichen Anzeigen aufgrund von StVO-Verstößen den Schluss zu, dass die kärntner Exekutive tatsächlich dem Treffen sogut als möglich Einhalt gebieten will.
Dies deckt sich auch mit der Bekräftigung des Verbots der Veranstaltung durch den kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser einige Wochen zuvor. Er titulierte die Veranstaltung auch treffend als rechtsextrem. (Quelle: Kleine Zeitung vom 7. Mai 2025)
Verein und Grundbesitz:
Die rechtliche Lage rund um die Gedenkstätte ist weiter dubios. Da es dem Ustascha-Verein in den 1960ern bzw. 2000ern verwehrt war, Grundstück und Gedenkstein als juristische Person zu erwerben, machte man einen Strohmann gelten: Ilija Abramović, Jahrgang 1925, Ustascha-Kämpfer, wohnhaft in Klagenfurt/Celovec. Das Geld für das Grundstück stellte man dem Pensionisten zur Verfügung. Als er 2020 verstarb, rechnete der Verein damit, das Grundstück samt Gedenkstein und Bühne zu erben. Mit Entsetzen stellte man aber fest, dass das Testament fehlerhaft war - und damit alles der Witwe zufiel. Diese wiederum wollte nicht an den Verein verkaufen, sondern lieber an einen örtlichen Bauern. Das fand allgemeine Zustimmung vor Ort, weil damit die Frage der faschistischen Feier endgültig vom Tisch gewesen wäre. Der PBV ging aber gegen den Kaufvertrag (zwischen dem Bauern einerseits, dem den Nachlass vertretenden Notar als Gerichtsvollzieher andererseits) vor. Dem wurde offenbar zugestimmt, denn anders wäre nicht möglich, dass der Ustascha-Verein doch noch das Grundstück kaufen konnte, wenn auch zu einem viel geringeren Betrag. Wie es dazu kommen konnte und wie es zu positiven Zustimmung der örtlichen Behörden, Ortsbauernschaft und Grundverkehrsbehörde kam, ist offen.
Der PBV verkündet jedenfalls auf Facebook, nun das Grundstück zu besitzen - zum ersten Mal seit den 1960, als dem Verein es zum ersten Mal verwehrt wurde. Alle Auflagen sind offenbar mittlerweile nichtig, so die behördliche Auflage, auf dem Grund Bauwerke zu errichten, was offensichtlich ignoriert wurde; oder die Auflage, dass ein Verein keine landwirtschaftliche Fläche kaufen bzw. besitzen darf.
Im Grundbuch ist der Verein jedenfalls noch immer nicht als Besitzer eingetragen, da steht noch immer der längst verstorbene Ustascha Abramović.
Dass der Verein aber offenbar tatsächlich über das Grundstück verfügt, zeigt sich daran, dass vor Kurzem umfangreiche Umbauten und Instandsetzungsarbeiten an der Gedenkstätte, an der Bühne und hinter dem Soldatenfriedhof durchgeführt wurden. Die Bühne wurde erneuert und leicht verändert, das Rednerpult ist jetzt nach vorne gezogen und hat neue Fliesen. Hinter der Anlage, die als Soldatenfriedhof geplant war, aber noch immer niemand begraben liegt, weil das Innenministerium(BMI) keine Genehmigung erteilt, wurde ein neues Fundament angelegt, wohl für eine zweite Gartenhütte.
Die Grünen haben ein Anfrage an den Innenminister gestellt zum heurigen Treffen: Link Anfrage
Verein und Grundbesitz:
Für die nächste Zeit sind weitere Umbauarbeiten angesagt: Der PBV kündigt am 14. Mai 2025 via Facebook an, dass "nach den Gedenkfeiern (im Mai)" nach der Bühne auch das Denkmal erneuert werden soll. Stand Mitte Juni hat sich aber noch immer nichts getan.
Fraglich ist, wie das geht, wenn das Feld noch immer nicht dem Verein gehört, keine Genehmigungen usw. eingeholt werden können.
Ersatzveranstaltungen
Dokumentieren wollen wir auch jene Bleiburg-Feiern, die nicht in Bleiburg stattfinden. Die beiden größten (uns bekannten) fanden heuer wieder in Macelj und Zagreb statt. In Sarajevo, wo man 2020 die Ersatz-Feiern abgehalten hat, was zu massivem Protest führte, fand 2025 nichts statt. Ebenso nicht in Udbina, wo noch 2021 die zentrale Ersatz-Feier abgehalten wurde. Weitere Gedenkfeiern mit Involvierung des PBV fanden in Radimlja kod Stoc (südlich von Mostar, BiH) und nahe Odžak (nahe Šamac, BiH) statt, wobei es hier keinen direkten Bleiburg-Kontext.
Abschließende Bewertung
Der Bleiburger Ehrenzug (PBV) hat es nicht geschafft, die 80. Wiederkehr des historischen Bezugspunkts, Bleiburg am 14./15. Mai 1945, zu einer Wiederbelebung des Ortes und der Feiern zu nützen. Wo 2015, zum 70. Jubiläum, noch 20.000 Personen mit hunderten Bussen anreisten, tauchten heuer auf eine Woche verteilt ein paar hundert Personen an. Andererseits ist die Feier am 16. Mai 2025 mit mehr als 200 Personen, Bussen und Botschafter, die größte Feier in fünf Jahren dar.
Die Ankündigung des PBV, das Denkmal am Feld in Bälde wieder instandzusetzen, muss einen nervös machen. Einerseits, welcher Inhalt gewählt, welcher Spruch eingemeißelt, welche Symbole angebracht werden? Andererseits, ob dies die Funktion als Pilgerort für jene die trauern und jene, die den NDH-Staat und die Ustascha hochleben lassen wollen, wieder reaktiviert. Für diesen Fall müssen sich die örtlichen Behörden wohl bald die Frage stellen, warum sie dies zulassen.
Es wäre trotzdem unser Schluss, dass wenn dem PBV 2025 keine große Wiederbelebung gelungen ist, dies auch 2026 nicht gelingen wird. Das "Ersatzprogramm", dass sich in den letzten Jahren etabliert hat, heuer in Zagreb und Macelj, ist in einer Kosten-Nutzen-Rechnung wohl attraktiver.