Transnationale Unterstützung in einer nationalistischen Angelegenheit
Alleine die Tatsache, dass die Veranstalter eines derartigen Treffens dazu von der Katholischen Kirche aufgefordert werden müssen, solche Auflagen zu respektieren, zeigt schon wie sehr das Bleiburger Gedenken ein faschistisches ist. Auch die die Feier seit jeher der Vernetzung der extremen Rechten, wie wir in einem Artikel herausgearbeitet haben (Link). Jedenfalls liegt anhand der Medienberichte und der zugänglichen Fotodokumenationen eine grobe Missachtung der oben genannten Auflagen auf der Hand. Es kann behauptet werden das kaum ein Drittel der Auflagen respektiert wurden: mehrere BesucherInnen trugen Uniformen, andere schwenkten Ustaša-Fahnen oder trugen Bekleidungsstücke mit militärischen und rechtsextremen Symbolen, einzelne BesucherInnen verkauften aus dem Auto heraus T-Shirts oder schmuggelten Bierdosen in die "katholische Messe". Wiederum andere trugen große Transparente mit sich, die zum Teil mit dem Ustaša-Wappen verziert waren. Auch politische Reden haben nicht gefehlt: zwei wurden am Friedhof gehalten und eine vom Altar im Anschluss der Messe. Zuletzt werfen die sieben Festnahmen und neun Anzeigen nach dem Verbotsgesetz nicht das beste Licht auf die während der Feier - immer noch eine reine kirchliche Messe - zur Schau gestellte Einstellung der BesucherInnen des Bleiburger Treffens.
Alle sind verantwortlich. Niemand fühlt sich verantwortlich.
Der veranstaltende Verein „Bleiburger Ehrenzug“ betonte mehrmals, dass sie sich erst auf ihrem Grundstück – wo die Messe abgehalten wird – in der Verantwortung sehen, die Auflagen durchzusetzen. Allerdings beginnt die von der Diözese Gurk genehmigte Veranstaltung schon am Friedhof in Unterloibach/Spodnje Libuče, von wo eine Prozession zum besagten Grundstück führt. Die Bilder dieses Jahres fügen sich nahtlos in die Tradition des Treffens: vom Friedhof bis zum Gedenkstein begleiteten einschlägige faschistische und rechtsextreme Symbole auf T-Shirts, Transparenten und Fahnen das „katholische“ Gedenken.
Bereits am Friedhof in Unterloibach/Spodnje Libuče bildeten mehrere riesige Flaggen mit den Symbolen der rechtsextremen Partei HSP und dem NDH-Wappen den Hintergrund für die Weihung des Ustaša-Grabes. Im Publikum am kleinen Friedhof befanden sich zahlreiche Personen mit militärischen Uniformteilen, eindeutig rechtsextremen Symbolen und faschistischen Sprüchen auf ihrer Kleidung. In dieser Atmosphäre ertönte bereits kurz vor zehn Uhr die erste politische Rede, kurz darauf folgte eine zweite: Tomo Bilogrivić von der „Vereinigten kroatischen Rechten“ forderte die Streichung des Antifaschismus aus der kroatischen Verfassung, das Publikum applaudierte. (Link "Die Ustascha im Herzen"/Frankfurter Rundschau)
Die anschließende Prozession zum Loibacher Feld/Libuško polje glich jener der vorherigen Jahre: angeführt von geistlichen VertreterInnen und hohen PolitikerInnen reihten sich hinter ihnen zahlreiche Parteien, Verbände und Einzelpersonen ein, wieder stachen rechtsextreme Symbole hervor. Die Prozession zog an zahlreichen österreichischen PolizistInnen und VerfassungsschützerInnen vorbei. Wie bereits am Friedhof konnte auch hier die Fahne des faschistischen NDH-Staates ungehindert im Wind wehen, siehe auch Artikel "Symbole auf der Ustaša-Feier in Bleiburg/Pliberk" (Link).
Kontinuität vom ersten bis zum letzten Treffen
Erst beim Zugang zum Messegelände wurde einzelnen Personen mit einschlägigen Symbolen der Zutritt verwehrt: Der Veranstalter-Verein hatte dazu eine Kette aus Securities gezogen. Viele der BesucherInnen der "Messe" schafften es allerdings auch mit rechtsextremen Symbolen durch die Kontrollen. Einigen gelang es erneut sich mit der NDH-Fahne vor dem Gedenkstein abbilden zu lassen, mehrere der niedergelegten Kränze waren mit dem faschistischen Schachbrett verziert. Ganz zu schweigen von jenem NDH-Wappen, das noch immer den Gedenkstein selbst verziert. Hier zeigt sich wie absurd und naiv die Vorstellung ist, dass das Verbot einzelner Fahnen und Bekleidungsstücke der Veranstaltung den faschistischen Charakter nimmt. Dieser bildet vielmehr seit dem ersten Treffen in den 1950er Jahren ihren Kern. Auch die Einladungspolitik des Bleiburger Ehrenzugs folgte dem Muster der vergangenen Treffen: NeofaschistInnen und Rechtsextreme aus der ganzen Welt erschienen mit der offiziellen Einladung und Veranstaltungs-Ausweis des Ehrenzuges am Feld. So zum Beispiel der kroatische Neofaschist und Journalist Velimir Bujanec oder der australische Neofaschist John Ovcaric, der von Melbourne aus eine Ustaša-verherrlichende Facebook-Seite betreibt, die beide mit dem Ausweis der Veranstalter um den Hals an der Feier teilnahmen. Auch der Präsident des Grazer Ablegers der neofaschistischen Partei HČSP nahm dieses Jahr am Treffen teil, allerdings nicht als Besucher, sondern gleich als Mitorganisator. Es verwundert auch nicht, dass die kroatische katholische Kirche nicht von rechtsextremen Umtrieben befreit ist. Trotz eines umfangreichen Vereinsumbaus bleibt mit Ante Kutleša ein umstrittener Priester der kroatischen Gemeinden in Reutlingen, Metzingen und Tübingen der Sprecher des Bleiburger Ehrenzugs (siehe Artikel "Auffällige Veränderungen im Verein "Bleiburger Ehrenzug" (Link)). Wenige Tage vor dem Ustaša-Treffen in Bleiburg/Pliberk war Kutleša Gast in der Fernsehsendung des bereits erwähnten neofaschistischen Journalisten Velimir Bujanec. Am Feld ließen sich einzelne Geistliche mit eben diesem Journalisten fotografieren.Doppelstandards der Kärntner Behörden
Dass die Behörden in Bleiburg/Pliberk auch rasch auf Ereignisse reagieren können, zeigte die Beschlagnahmung eines Kunstwerks des Künstlers Hans Peter Profunser, das am Abend des 11. Mai in der Nähe des Loibacher Felds/Libuško Polje aufgestellt wurde. Um den BesucherInnen des Ustaša-Treffens jegliche Kritik an ihrer Faschismus-Verherrlichung zu ersparen, wurde das Kunstwerk – ein großes Kreuz an dem Galgenstricke angebracht waren – kurzerhand beschlagnahmt und entfernt. Sogar eine Presseaussendung konnte die LPD Kärnten am selben Abend noch veröffentlichen (Link LPD) Die schnelle Reaktionsfähigkeit der Behörden schien am 12. Mai – am Tag des Ustaša-Treffens – plötzlich verloren gegangen zu sein. Beim Tragen faschistischer Symbole am Friedhof, während der Prozession und am Loibacher Feld/Libuško polje blieben sie oft tatenlos. Am Parkplatz des Loibacher Friedhofs wurden unter den Augen der Polizei einschlägige T-Shirts verkauft und, wie Roman Möseneder von Vice schreibt, schritt die Polizei sogar in Fällen von eindeutiger Wiederbetätigung teilweise nicht ein: „Alleine der Mann, der den „Hitlergruß“ direkt in meine Kamera machte, wiederholte die Geste nachher noch öfter – alleine auf dem Rückweg gezählte 13 Mal –, einige Male auch im Beisein der Polizei. Einen Gruß begleitete er mit einem „Servus” in Richtung eines Polizisten, der nur „Ja, servus” erwiderte und sich wieder seinem Handy zuwandte.“ (Link Vice) Auch ob das Hinzuziehen von PolizeibeamtInnen aus Kroatien hilfreich war, bleibt fraglich. Als eine Gruppe von Männern mit T-Shirts der paramilitärischen HOS-Miliz, deren Symbole in Kroatien verboten sind, von einem Kärntner Polizisten angehalten werden, stellt ihnen ein kroatischer Polizist einen Persilschein aus, wie Krsto Lazarević im Standard berichtet. (Siehe Artikel "Der Standard", Link)Gibt es ein Fazit?
Allgemein zeigte sich erneut, wie auch im Falle der vergangenen Jahre, dass die Behörden mehr darauf konzentriert sind, Protest und Kritik gegen die rechtsextremen Umtriebe möglichst weit entfernt zu halten, als gegen die offen zur Schau gestellten faschistischen Symbole vorzugehen. Eingehalten wurde lediglich das Verbot des Aufstellens von Zelten und des Ausschanks von Alkohol. Dies führte zu einer teilweisen Verlagerung: am Morgen betranken sich Gäste der „Gedenkfeier“ auf Parkplätzen, am späten Nachmittag hallten dann die faschistischen Rufe „Za dom spremni“ durch Bleiburger Gaststätten. Es ist kaum vorstellbar, dass dies eine gewünschte Entwicklung der Behörden ist. Verlagerung kann, wie Ignorieren, eigentlich nicht Sinn der Auflagen gewesen sein.
Weitere Details über den Ablauf des diesjährigen Ustaša-Treffens würden den Rahmen dieser ersten Nachbetrachtung sprengen. Wir werden aus diesem Grund in den kommenden Tagen und Wochen sowohl eine Fotogalerie veröffentlichen, wie auch detailliertere Nachbetrachtungen um das Verhalten der Kärntner Behörden und Polizei, der katholischen Kirche und des Vereins „Bleiburger Ehrenzug“ näher zu beleuchten.