Segen, Hitze, Verhetzung und Hitler-Grüße In Loibach bei Bleiburg gedachten 11.000 Menschen der ermordeten Ustascha. Gepredigt wurde in radikaler Tonlage. Wie viele der 11.000 Menschen, die sich gestern Vormittag in und um die kleine Südkärntner Ortschaft Loibach versammelten, tatsächlich Faschisten sind, wie viele Nationalisten oder wiederum strenge Katholiken, darüber ließe sich streiten. Tomo Bilogrivic ́macht zumindest selbst klar, wo er hingehört. Noch vor der offiziellen Feier ergreift er am Friedhof von Loibach, vor dem Grab dreier kroatischer Soldaten, das Wort und stellt sich als Vertreter der vereinigten kroatischen Rechten vor. Gut zehn Minuten lang spricht er, die Kernaussage fasst ein Journalist der Frankfurter Rundschau zusammen: "Er fordert, den Anti-Faschismus aus der kroatischen Verfassung zu streichen." Die gut 300 Besucher innerhalb der Friedhofsmauer jubeln ihm zu. Knapp darauf senken die Menschen ihre Häupter. Zˇelimir Puljic ́, Erzbischof von Zadar und als Vorsitzender der kroatischen Bischofskonferenz der höchste kirchliche Würdenträger des Landes, zieht am Friedhof ein. Vor ihm ein Jesus am Kreuz und eine kroatische Fahne. Das Schachbrett im Wappen beginnt im linken Eck mit einem weißen Feld - die Farbgebung der Ustascha. Er segnet das Grab, auf dem auch ein Halbmond eingefräst ist, und macht sich auf in Richtung der Gedenkstätte am Loibacher Feld. In seinem Gefolge zahlreiche junge Männer mit Messerhaarschnitt. Deren Dresscode: Schwarz wie die "Crna legija". die Elite-Einheit der Ustascha. Manche geben sich modischer und tragen Polos der Marken Thor Steinar und Fred Perry. Letztere sind mit ihrem Lorbeerkranz-Emblem ein bekannter Code der Rechtsextremen. Auf der gut zwei Kilometer langen Prozession beginnt eine Handvoll älterer Frauen mit dem Beten des Rosenkranzes. Fast niemand stimmt ein. Stattdessen murmelt eine Frau mit rotem Haar etwas über die "verdammten Deutschen".Auf den fragenden Blick des Zuhörers ergänzt sie: "Hätten die gewonnen, müssten wir jetzt nicht in der Hitze marschieren." Die Hitze lässt dann auf der Gedenkstätte am Loibacher Feld ein paar Menschen direkt ins Rotkreuzzelt abbiegen. Andere schützen sich mit Regenschirmen vor der Sonne, es war ja schlechteres Wetter angesagt. Unter dem Flugdach des Freiluftaltars nehmen mehr als ein Dutzend Priester Platz, vor ihnen setzen sich die Menschen ins Gras. Ein paar Männer mit schwarzen Fahnen in der Hand müssen vor dem Gelände stehen bleiben. "Das sind verbotene Abzeichen, die wollen wir hier nicht", erklärt ein kroatischer Sicherheitsmitarbeiter. Daneben marschiert ein Mann mit einem Leibchen mit dem Schriftzug "Za dom spremni!", darauf ein. Übersetzt: "Für die Heimat". In Kroatien werden Menschen für das öffentliche Aussprechen dieses Grußes wegen Verhetzung zu Geldstrafen über mehrere tausend Euro verurteilt. Die Security aber reagiert nicht. Dafür hat die Polizei einiges zu tun. Am Ende werden es sieben Festnahmen und neun Anzeigen wegen des Verbotsgesetzes gewesen sein. Übersetzt: Die Menschen haben die Hand zum Hitlergruß gehoben. Einen Kroaten hat man direkt an die nahe Landesgrenze gebracht. Gegen ihn besteht ein Aufenthaltsverbot. Während Puljic ́ predigt, hört die Masse der Menschen zu. Er erklärt Bleiburg zur Metapher. Nennt die Massengräber der von Partisanen ermordeten Ustascha in Tezno bei Maribor und das von den Ustascha betriebene Konzentrationslager Jasenovac in einem Zug. Jubel brandet auf. Am Rande steht Matthias Kapeller, Sprecher der Diözese Gurk-Klagenfurt, und nimmt vorweg, was viele Beobachter ob dieses Gottesdienstes von der Kirche erwarten: "Wir werden die Veranstaltung mit den Sicherheitsbehörden auswerten. Und wir werden sicher nicht wegschauen, wo es Grenzüberschreitungen gegeben hat." Thomas Cik für die Neue Vorarlberger Tageszeitung vom 13.05.2018, S. 8.