Verschwommene Verantwortlichkeiten: Die Rolle des Vereins "Bleiburger Ehrenzug"

    Kind mit Ustaša-Fahne sitzt vor dem Feld und lauscht der Messe.

    Auch heuer wurde das Ustaša-Gedenken in Bleiburg/Pliberk wieder vom Verein "Bleiburger Ehrenzug" organisiert. Doch was steckt hinter diesem Verein, dessen Mitglieder sich laufend mit österreichischen und kroatischen Neofaschist_innen vernetzen? Eine Nachbetrachtung der Rolle des Vereins "Bleiburger Ehrenzug".
    Meist als Organisator des Ustaša-Gedenkens bekannt, besitzt der in Österreich gemeldete Verein Bleiburger Ehrenzug auch die Grundstücke, auf denen die Messe für die in Slowenien und Kroatien ermordeten Ustaša gelesen wird. Anders als in den letzten Jahren wurden diese 2018 von einer Kette an privat angestellten Securities abgesichert, die dafür verantwortlich waren, rechtsextreme und faschistische Symbole der Teilnehmer_innen abnehmen zu lassen - ein Unterfangen, das kläglich scheiterte. Der Verein „Bleiburger Ehrenzug“ wurde von ehemaligen Ustaše gegründet und geführt. Somit war er schon in seinem Ursprung ein rechtsextremer Verein. An seiner politischen Ausrichtung hat sich im Laufe der Jahrzehnte nichts geändert. Noch im Jahr 2014 setzten Vertreter des Ehrenzugs ein Foto in den Grabstein des Ustaša-Generals Tomislav Rolf, der im Friedhof von Völkermark/Velikovec begraben ist. Zudem treffen und vernetzen sich seine Mitglieder laufend mit österreichischen und kroatischen Rechtsextremen und NeofaschistInnen.

    Neofaschisten die vom "Messegelände" ausgeschlossen wurden, posieren mit Ustaša-Fahnen unmittelbar vor dem Feld.

    Mitglieder der neofaschistischen HCSP-Graz posieren hinter dem Ustaša-Grab in Unterloibach/Spodnje Libuče mit der Ustaša-Fahne.

    Widersprüche der Organisator_innen

    Der "Ehrenzug" sieht sich, laut Aussage seines Generalsekretärs Thomas Baumgärtner, ausschließlich für das was auf ihrem Grundstück passiert und mitgetragen wird verantwortlich. Dies stellte er in der ORF-Sendung Thema fest: „Wir verurteilen das [Tragen faschistischer Abzeichen Anm.] und wir werden versuchen, solche Dinge sofort zu unterbinden sobald es passiert. Allerdings wie gesagt nur auf unserem Gelände.“ So sollte, dieser Argumentation folgend, der Teil der Grabweihe und der Prozession unter der Verantwortung der Kirche stehen. Der Ordinariatsvikar Jakob Ibounig hat in einem Interview in der selben Sendung jedoch behauptet, der Ehrenzug sei für die gesamte Veranstaltung verantwortlich: „Wir haben klargestellt dass der Veranstalter auch für das Umfeld eine Verantwortung trägt, dass er diese Biotope auch auszutrocknen hat.“
    So widersprechen sich die an der Organisation beteiligten Parteien. Ausschließlich die Messe und die Kranzniederlegung scheinen unter der Verantwortung des Ehrenzuges zu stehen. In einer gemeinsamen Presseaussendung der Diözese Gurk-Klagenfurt, der LPD Kärnten/Koroška und der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt/Velikovec schreiben die VertreterInnen der Kirche: „Um sicher zu stellen, dass auch das räumliche und zeitliche Umfeld der hl. Messe wie das Totengebet und die Prozession keinen Anlass für Kritik bieten, wurden die Verantwortlichen der Katholischen Kirche Kroatiens in diesem Jahr auch schriftlich dazu aufgefordert, für folgende Maßnahmen Sorge zu tragen: Verbot politischer Reden innerhalb der hl. Messe, das heißt vom Einzug bis zum Schlusssegen; Verzicht auf das Tragen politischer Abzeichen, Plakate und Transparente, Uniformen oder uniform ähnlicher Bekleidung sowie von Trikots oder sonstiger Bekleidung mit inkriminierenden Aufdrucken; Verbot des Aufbaus von Zelten und Verkaufsständen sowie kein Ausschank von Alkohol.“ In dieser Aussage fällt auf, dass auch die kärntner Kirche abseits des Grundstückes des Ehrenzuges die kroatische Kirche in der Verpflichtung sieht, die faschistischen Umtriebe zu unterbinden. Und das obwohl in der selben Stellungnahme die gesamte Veranstaltung als die „alljährliche Gedenkfeier des Bleiburger Ehrenzuges“ betitelt wird.
    Dieser Argumentation zufolge befanden sich die aufgrund einschlägiger Symbole von der Messe ausgeschlossenen Rechtsextremist_innen und Neofaschist_innen nicht in der Verantwortung des Ehrenzuges, sondern der kroatischen Kirche, obwohl neben der Grabweihung, der Prozession und der Messe keine politischen Kundgebungen oder Demonstrationen angemeldet waren. Es scheint unwahrscheinlich zu sein, dass die katholische Kirche Kroatiens neben dem Gelände, auf dem die Messe gelesen wurde, eine katholische Kundgebung angemeldet hat, damit auch die „ausgeschlossenen“ RechtsextremistInnen und NeofaschistInnen am Geschehen am Feld teilhaben konnten. Wer also fühlte sich für diese verantwortlich?

    "Unsichtbare" Ustaša-Wappen

    Die skurrilste von der Kirche formulierte Auflage war dass keine faschistischen Symbole getragen werden dürfen. Dass diese nicht eingehalten wird,war von Anfang an klar, sind doch bereits das Logo des "Bleiburger Ehrenzuges" sowie das Wappen auf dem Gedenkstein am Loibacher Feld/Libuško polje jenes der Ustaša. Auch zahlreiche im Anschluss an die Messe niedergelegten Kränze waren mit dem faschistischen Wappen geschmückt. Einer der Mitglieder des "Bleiburger Ehrenzugs" trug sogar eine Ustaša Fahne auf das Gelände des Vereins und ging bei der Prozession mit eben dieser Fahne direkt hinter der Delegation an geistlichen Vertreter_innen aus Kroatien mit. Hier zeigt sich der Widerspruch der Auflagen am deutlichsten: die kärntner Kirche verbietet Symbole auf der Veranstaltung, die integraler Bestandteil des organisierenden Vereins und des Gedenksteines sind. Zudem schmückten Ustaša-Wappen jede Ecke des Friedhofs, auf dem fromme Kroat_innen den Ustaša nachweinten. Auch die Prozession wurde von zahlreichen faschistischen Symbolen und von vielen Ustaša-Fahnen begleitet. Sogar am Messegelände, vor dem extra ein Sicherheitsdienst beauftragt wurde, den faschistischen Charakter der Veranstaltung nach außen hin zu entschärfen, waren diese Symbole allgegenwärtig.
    Ante Kutleša gemeinsam mit dem "Journalisten" Velimir Bujanec.
    Ein Bild aus besseren Tagen: Velimir Bujanec in einschlägiger Montur.

    Im Schatten mit Bier lässt es sich besser gedenken

    Das Bleiburger Treffen war das erste seit Jahrzehnten bei dem keine Bierzelte mehr auf dem Grundstück des Bleiburger Ehrenzugs aufgebaut wurden. Den jahrelangen Bemühungen der Veranstalter, den weniger frommen und mehr erlebnisorientierten TeilnehmerInnen ein attraktives Angebot bei der „Gedenkfeier“ bieten zu können, machte die katholische Kirche Kärntens dieses Jahr einen Strich durch die Rechnung. So war es nur den Besucher_innen der Grabweihung am Friedhof Unterloibach/Spodnje Libuče dank eines lokalen Unternehmers möglich, mit Würstel und Getränken den Kirchenvertretern zu lauschen.
    Laut dem Sprecher des Ehrenzugs, dem umstrittenen rechten Priester Ante Kutleša, waren die Bierzelte eigentlich nie aus Eigeninitiative des Vereins aufgestellt worden, sondern auf Wunsch der BesucherInnen. So antwortete er auf die Frage des Journalisten Danijel Majić ob die Zelte „Teil der Kommemoration gewesen“ seien: „Nein. Die Zelte, das war nicht unser Wunsch. Das war Wunsch der Menschen und das müssen sie mit der Gemeinde absprechen. Das war natürlich auch Gelände vom Bleiburger Ehrenzug, aber das hat uns auch gestört. Und das ist... also wenn jemand kommt und das stört muss man versuchen also bisschen Ordnung bringen. Das gelingt nicht immer.“ (Link)
    Und auf Majićs Frage „Aber hätte man von ihrer Organisation her nicht früher eingreifen können? Dann hätte es vielleicht die Diskussion ja gar nicht gegeben.“ sagte der Nationalist Kutleša „Ja gut. Man versucht immer den Menschen entgegen zu kommen auf menschlicher und humaner Art und Weise. Das würde mich natürlich... wenn so frech wäre und sage ich so ich will mit ihnen gar nichts zu tun haben wie würden sie dann reagieren.“
    Dieser Ausschnitt aus dem Interview zeigt hervorragend, wie sich der rechtsextreme Verein „Bleiburger Ehrenzug“ versucht, im Nachhinein von den eigens organisierten Zelten zu distanzieren. Dass es bis letztes Jahr am Feld zahlreiche Verkaufsstände gab, bei denen die BesucherInnen Ustaša-Devotionalien und Bekleidungsstücke mit einschlägigen Symbolen erwerben konnten, kann nach Kutlešas Argumentation als Wunsch der Rechtsextremen interpretiert werden, die auch die Bierzelte eingefordert hatten. Die vier riesigen Bierzelte und das Dutzend Verkaufsstände beweisen nach den Aussagen Kutlešas, dass ein Großteil der BesucherInnen scheinbar den Wunsch hatten, Ustaša-T-Shirts zu kaufen und sich am Feld einen Rausch anzutrinken. Schon 2017, in der Sendung ORF-Report vom 23.05.2017, behauptete Kutleša auf Nachfrage der Reporterin Nicole Weber: „Wir haben keinen Einfluss auf die einzelnen Personen, sogar Gruppen, die hierher kommen. Wir haben keine Macht natürlich jemanden also anzufassen und zu sagen Stopp. Das müssen die anderen machen.“ Da jedoch der "Bleiburger Ehrenzug" selber aus ehemaligen Ustaša-Faschisten gegründet und geführt wurde und jedes Jahr RechtsextremistInnen und NeofaschistInnen aus der halben Welt auf dem Loibacher Feld/Libuško Polje willkommen heißt, enttarnen sich die hier angeführten Aussagen des rechtsextremen Priesters als reine Lügen.

    Neujahrsglückwünsche von Vedran Radusić von der HCSP Graz mit Ustaša Fahne und Ustaša-Gruss: "Za dom Spremni!"

    Für Bleiburg/Pliberk bereit!

    Der "Bleiburger Ehrenzug" erhielt, wie schon seit mehreren Jahren, Unterstützung durch verschiedene Akteur_innen der kroatischen Diaspora in Österreich. Hier soll vor allem auf Miroslav Piplica und Vedran Radušić eingegangen werden.Wie schon in einem vorherigen Beitrag beleuchtet, ist der HDZ Politiker Piplica eine wichtige Figur der rechten, nationalistischen kroatischen Diaspora in Wien. Piplica ist dadurch aufgefallen, dass er mehrmals Konzerte des neofaschistischen Sängers Marko Perković alias „Thompson“ in Österreich organisiert hat. Weiters bezeichnet er sich als "guten Freund" des verurteilten Kriegsverbrechers Dario Kordić. Dieser wurde vom Internationalen Gerichtshofs wegen eines Massakers an 116 Bosniak_innen zu 25 Jahren Haft verurteilt. Piplica behauptet er wäre „17 Jahre unschuldig in Haft “ gewesen. Auch in und vor Piplicas Bar „Providenca“ in Wien posiert der Mitorganisator des Ustaša-Treffens gerne mit seinen Kund_innen hinter Ustaša-Flaggen.

    Aus Graz erfährt der Ehrenzug ebenfalls Unterstützung, so beteiligte sich erneut der Vorsitzende des grazer Ablegers der neofaschistischen Partei HCSP an der Organisation des Treffens. Wie wir bereits beleuchtet haben, kann anhand von Screenshots belegt werden, dass Radušić eindeutig als Neofaschist einzuschätzen ist. Alleine sein Vorsitz einer Partei, die den mit Nazideutschland kollaborierenden NHD-Staat zelebriert, lässt dafür keinen Zweifel offen. Anhand dieser zwei Beispiele zeigt sich deutlich, dass der rechtsextreme "Bleiburger Ehrenzug" in der österreichischen kroatischen Diaspora nicht isoliert dasteht, sondern aus der gesamten Rechten bis hin zu NeofaschistInnen handfeste Unterstützung bekommt.

    Fazit

    Abschließend soll hier nochmal festgehalten werden, dass es nicht überrascht, dass die Auflagen der katholischen Kirche Kärntens kaum eingehalten wurden. Was wäre anderes von einem rechtsextremen Verein, der sich aus ehemaligen Ustaša zusammensetzt und breite Unterstützung von Konservativen bis Neofaschist_innen findet zu erwarten gewesen? Alleine die Kärntner Kirche und die lokalen Behörden scheinen noch an die Mähr eines harmlosen katholischen „Totengedenken“ glauben zu wollen.